Einstellen oder anklagen? Die Staatsanwaltschaft ist am Zug

(c) APA (Barbara Gindl)
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Meinl Bank. In den vergangenen Wochen hat die Staatsanwaltschaft versäumte Aufgaben nachgeholt und weiter ermittelt. Was passiert jetzt?

Wien. Peter Weinzierl, der Vorstand der Meinl-Bank, hat jüngst einen Antrag auf Einstellung des Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Untreue und der versuchten betrügerischen Krida an die Staatsanwaltschaft (StA) Wien gestellt. Seine Mitangeklagten, sein Kollege Günter Weiss und die Aufsichtsratsmitglieder der Meinl Bank – darunter auch Julius Meinl V. –, wollen es ihm gleichtun.

Zur Erinnerung: Anfang 2015 hatte die StA Wien Anklage gegen die Genannten erhoben. Sie wirft ihnen vor, sie hätten durch die Ausschüttung einer Sonderdividende in der Höhe von 225 Mio. Euro im Februar 2009 die Eigenkapitalbasis beziehungsweise den Haftungsfonds der Bank zu stark geschmälert. In Anbetracht drohender Anlegerklagen hätte die Bank deutlich mehr Rückstellungen bilden müssen, konkret 250 Mio. Euro.

Alle Beschuldigten haben gegen die Anklage beim Oberlandesgericht Wien (OLG) Einspruch erhoben. Mit Erfolg. Das OLG wies die Anklage im April mit der Begründung zurück, die StA Wien habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgearbeitet. Insbesondere hätte die Anklagebehörde ihre Behauptung nicht schlüssig darlegen können, weshalb das Haftungsrisiko der Bank damals gerade 250 Mio. Euro betragen hätte.

Ebenso habe die StA Wien ihren Vorwurf nicht hinreichend dargelegt, die Anwälte und Wirtschaftsprüfer der Meinl Bank hätten von ihrer Klientin nur unvollständige Unterlagen erhalten. Ihre Einschätzung zu den Prozessrisken der Bank hätte sie daher offenkundig unvollständig informiert getroffen.

Für die StA Wien ist die Entscheidung des OLG eine ziemliche Blamage, vor allem wenn man bedenkt, dass sie sieben Jahre lang ermittelt und an der Anklage gebastelt hat.

StA Wien vernimmt weiter

Die vergangenen Monate hat sie jedenfalls dazu genützt, die aufgetragenen Aufgaben nachzuholen und – wie vom OLG gefordert – die Rechtsvertreter und Wirtschaftsprüfer der Bank einvernommen oder deren Stellungnahmen eingeholt. Konkret mussten die Rechtsanwälte Georg Schima, Lothar Wiltschek und Georg Diwok sowie Wirtschaftsprüfer von Deloitte der StA Wien Rede und Antwort stehen.

Ob die StA Wien nun neues Futter für die Anklage bekommen hat, wird sich bald zeigen.

Die Meinl Bank fühlt sich durch die Darlegungen der Zeugen jedenfalls uneingeschränkt darin bestätigt „dass die gegenständlichen Vorwürfe der StA Wien haltlos sind. Das Nichtvorliegen eines strafbaren Verhaltens tritt damit noch deutlicher zum Vorschein“, heißt es in dem Einstellungsantrag (er liegt der „Presse“ vor) von Weinzierls Rechtsanwalt, Christof Dunst.

Der Aussage ihres Rechtsanwalts Georg Schima misst die Bank besondere Bedeutung zu, denn er habe umfassende Wahrnehmungen von allen Faktoren gehabt, die für die Beurteilung der Rechtsrisken relevant gewesen seien.

Das bestätigte Schima auch. Anders als die StA Wien in der Anklage ausgeführt hatte, gab Schima an, dass ihm all jene Dokumente zur Verfügung gestellt worden seien, die für die Einschätzung der Sach- und Rechtslage und der Beurteilung der Prozessrisken wesentlich und notwendig waren.

Ob die Bank im Jahresabschluss das potenzielle Haftungsrisiko mit 250 Mio. Euro hätte beziffern müssen, auch dazu nahm Schima in seiner Einvernahme am ersten Juli Stellung. Sein Fazit: Nein. Es hätte „den Charakter von Kaffeesudlesen gehabt, damals eine auch nur einigermaßen verlässliche Prognose darüber zu treffen, wie hoch das mögliche Anspruchsvolumen sein würde, welche Erfolgswahrscheinlichkeit für die Geltendmachung dieser Ansprüche anzusetzen gewesen wäre und welcher Art diese Ansprüche alle sein könnten“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.10.2015)

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