Fällt bald das Tabakmonopol?

Einer Ausweitung des Tabakmonopols auf Liquids für E-Zigaretten erteilte der VfGH eine Abfuhr.
Einer Ausweitung des Tabakmonopols auf Liquids für E-Zigaretten erteilte der VfGH eine Abfuhr.(c) REUTERS (NEIL HALL)
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Debatte. Nach dem Entscheid des Verfassungsgerichtshofs zu den E-Zigaretten ist auch die Diskussion über das Tabakmonopol eröffnet. Betroffene hören das gar nicht gern.

Wien. Seit Anfang August ist es fix: Die Liquids für E-Zigaretten werden auch künftig nicht unter das Einzelhandelsmonopol der Trafiken fallen. Der Gesetzgeber wollte das zwar so, die entsprechenden Regelungen im Tabakmonopolgesetz hätten am 1. Oktober in Kraft treten sollen. Sie wurden jedoch vom Verfassungsgerichtshof (VfGH) gekippt (G118/2015-25).

Hat das womöglich auch Auswirkungen auf das Tabakmonopol selbst? Sind dessen Tage nun ebenfalls gezählt? Manche vertreten diese These, die Ansichten darüber sind geteilt. Daniel Ennöckl, Professor für Wirtschaftsrecht an der Uni Wien, will sich da nicht festlegen, meint aber, der VfGH habe mit seiner „deutlichen Ablehnung“ der gesetzlichen Ausweitung des Einzelhandelsmonopols Bewegung ins Spiel gebracht: „Die Diskussion ist eröffnet.“ Wobei das, was landläufig Tabakmonopol genannt wird, im Grunde bloß „ein stark reglementierter Markt“ sei. Aber wie auch immer: Sollte jemand dieses Thema ebenfalls vor den VfGH bringen, sei der Ausgang offen, meint der Jurist. Das sei zwar keine Sache, „bei der ich sagen würde, sie ist schon gewonnen“ – wohl aber etwas, „das man versuchen kann“. Mit ungewissem Ausgang.

Hannes Hofer, Geschäftsführer der Monopolverwaltung, hört so etwas nicht gern. Die Ansicht, dass die Argumentation des VfGH für das Tabakmonopol angewendet werden könne, teile er nicht, sagt er. Bei der E-Zigaretten-Thematik sei es um bestehende Dampfershops gegangen, „die den Fortbestand ihrer Existenz eingeklagt haben“. Deren Rechte habe der VfGH gegenüber den Rechten aus dem Tabakmonopol abgewogen – aber das Tabakmonopol selbst nicht infrage gestellt. Sondern sogar „das Ziel der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Trafikanten mit Behinderung hervorgehoben“.

Wie viele Vorzugsberechtigte?

Letzteres ist eines der Hauptargumente für das Einzelhandelsmonopol: Tabaktrafiken müssen laut Gesetz bevorzugt an Menschen mit Behinderung vergeben werden. Daneben wird auch mit dem Jugendschutz argumentiert. Beides ließ der VfGH zwar grundsätzlich gelten, sah darin aber keinen hinreichenden Grund, das Monopol auch auf Liquids und Einweg-E-Zigaretten auszudehnen. So gesehen stimmt es, dass das Tabakmonopol allein dadurch noch nicht angekratzt wird. Dennoch lassen einige Sätze in der Entscheidung aufhorchen. Etwa, dass es nicht erkennbar sei, inwieweit Trafikanten beim Verkauf besagter Produkte den Gesundheits- und Jugendschutz besser gewährleisten könnten als Fachhändler. Könnte das dann nicht für Zigaretten und andere Tabakwaren genauso gelten?

Den tatsächlichen Anteil von Menschen mit Behinderung an den Trafikenbetreibern hinterfragt der VfGH ebenfalls: Rund 50 Prozent der Fachgeschäfte und 80 Prozent aller Verkaufsstellen insgesamt (einschließlich Lebensmittelhändler, Tankstellen, Gastronomie) würden mittlerweile nicht von vorzugsberechtigten Personen geführt, heißt es dazu. Bei den sonstigen Verkaufsstellen ist das von vornherein klar; bei den Tabaktrafiken ergibt es sich vor allem aus dem – nicht unumstrittenen – Weitergaberecht an Angehörige. Dieses habe seine Berechtigung, sagt Josef Prirschl, WKO-Gremialobmann der Trafikanten. Gerade Menschen mit Behinderung würden im Beruf oft die Unterstützung eines Angehörigen brauchen. „Und für ihn wäre sonst die Existenzgrundlage weg.“ Hofer meint, der ursprüngliche Gedanke, „dass ein Angehöriger, der einem Menschen mit Behinderung hilft, nach dessen Tod die Trafik aus sozialen Gründen weiterführen darf“, sei über die Jahre verwässert worden: „Je mehr Trafiken von Menschen mit Behinderung betrieben werden, umso besser.“ Beide betonen indes, die Zahl vorzugsberechtigter Trafikanten habe in den letzten Jahren sogar zugenommen – von 36 Prozent im Jahr 2000 auf 52 Prozent heute. Auch Prirschl will übrigens aus der Entscheidung zur E-Zigarette keine Rückschlüsse auf das Tabakmonopol ziehen: „Man soll da nicht Äpfel mit Birnen vergleichen.“ Er habe diesbezüglich „keine Bedenken“.

Der Staat verdient am meisten

Tabakindustrie und Großhandel wollen das Einzelhandelsmonopol ebenfalls nicht missen – obwohl sie selbst kein Monopol mehr haben. Ralf-Wolfgang Lothert, Sprecher von JTI Austria (der Gruppe, zu der die Austria Tabak gehört) meint, es bedeute einen „sicheren Vertriebsweg mit qualifizierten Mitarbeitern“ und erfülle den Jugendschutz wie auch den Schutz vor Schmuggelware und Produktfälschungen. Der VfGH-Entscheid gebe aber Grund zum Nachdenken, räumt er ein: „Das muss Anlass sein, über eine Modernisierung des Tabakmonopolgesetzes konkret zu reden.“

Eine andere Debatte, die auch immer wieder aufflammt, hätten Industrie und Großhandel wohl gar nicht gern: jene über eine weitere Erhöhung der gesetzlichen Handelsspanne der Tabaktrafiken. Aktuell beträgt diese bei Zigaretten stolze 53 Prozent – allerdings nur von dem, was nach Abzug der Steuer übrig bleibt. Den Löwenanteil, rund 76 Prozent, kassiert der Staat. Im Vorjahr brachte ihm die Tabaksteuer über 1,7 Milliarden Euro ein.

AUF EINEN BLICK

Tabakmonopol. Es handelt sich dabei nur mehr um ein Einzelhandelsmonopol oder – präziser – um einen stark reglementierten Markt. Begründet wird es mit flächendeckender Versorgung, Sicherstellung des Jugend- und Gesundheitsschutzes und sozialpolitischen Gründen: Menschen mit Behinderung werden bei der Vergabe von Tabaktrafiken bevorzugt. Unter anderem das hat der VfGH in seiner Entscheidung zu den E-Zigaretten hinterfragt: Nur rund 50 Prozent der Trafikeninhaber seien Vorzugsberechtigte.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2015)

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