Haltbarkeitsdaten: Wie lang das Essen schmecken kann

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Logo Schriftzug des Vapiano Restaurant ein deutsches Unternehmen der Systemgastronomie das itali(c) imago/Horst Galuschka (imago stock&people)
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Die Pasta-Kette Vapiano kämpft in Deutschland mit dem Vorwurf, Mindesthaltbarkeitsdaten von Lebensmitteln verändert zu haben. Doch ist das überhaupt verboten?

Wien. Kunden der Restaurantkette Vapiano werden Pasta und Pizza im Hals stecken geblieben sein, als sie am Wochenende in der deutschen Zeitung „Welt am Sonntag“ lesen mussten, was ehemalige und aktive Mitarbeiter über die dort servierten Speisen zu vermelden hatten. Hühnerfleisch, das zuweilen „eklig“ gerochen habe, sei da Gästen in deutschen Filialen serviert worden. Oder in einem Münchner Vapiano-Lokal gar Nudeln „mit grünlichem Schimmer“, der dank darübergegossener Soße für den Konsumenten aber nicht sichtbar gewesen sein soll. Doch auch in Berlin, Frankfurt, Hannover und Köln soll Vapiano gegen unternehmensinterne Frischestandards verstoßen haben. So sei es vorgekommen, dass selbst gesetzte Mindesthaltbarkeitsdaten verlängert worden wären.

Vapiano Deutschland ist über diese Vorwürfe „schockiert“ und will ihnen nachgehen. Der Vorstandsvorsitzende Jochen Halfmann hat sich für mögliche Fehler entschuldigt. "Sollte es zu vereinzelten Defiziten gekommen sein, bitte ich unsere Kunden dafür um Entschuldigung", sagte Halfmann der "Bild"-Zeitung. Frische habe bei Vapiano oberste Priorität und sei Kern der Marke, hieß es in einer Aussendung. Im Unternehmen gebe es hohe interne Qualitätsstandards und strengste Kontrollmechanismen. Das gelte auch für Österreich, sagt Philipp Zinggl, der Geschäftsführer von Vapiano Österreich: „Obwohl österreichische Filialen von diesen Vorwürfen in keiner Weise betroffen sind, läuft bei uns nun auch alles auf Hochtouren. Neben unseren laufenden Überprüfungen führen wir jetzt noch mehr Stichproben durch, um zu gewährleisten, dass unsere selbst aufoktroyierten Richtlinien eingehalten werden.“

„Üblicherweise länger haltbar“

Doch welche Bedeutung haben Mindesthaltbarkeitsdaten eigentlich, und wer legt sie fest? „Grundsätzlich ist das Mindesthaltbarkeitsdatum das Datum, bis zu dem dieses Lebensmittel bei richtiger Aufbewahrung seine spezifischen Eigenschaften behält“, sagt Werner Windhager. Er ist bei der Österreichischen Agentur für Ernährungssicherheit für die Risikokommunikation zuständig. „Hiezu gehören nicht nur die einwandfreie mikrobiologische Beschaffenheit, sondern auch die Farbe, der Geruch, der Geschmack, die Konsistenz und die Nährwerte.“

Üblicherweise ist ein Lebensmittel – sofern es ungeöffnet und richtig gelagert wird – länger haltbar, als es das Mindesthaltbarkeitsdatum anzeigt. Ist sie einwandfrei, muss Nahrung nicht weggeschmissen werden, sondern darf noch weiter verwendet werden. Alexander Hengl, Mediensprecher des Marktamts Wien (MA 59), weist in diesem Zusammenhang auf eine „österreichische Spezialität“ hin: „Jeder Supermarkt darf abgelaufene Ware verkaufen, sofern sie einwandfrei ist und hingewiesen wird, dass sie abgelaufen ist. Das gibt es in anderen EU-Ländern nicht.“

Das Mindesthaltbarkeitsdatum müssen die Erzeuger des Lebensmittels selbst festlegen. „Sie kennen die Eigenschaften wie die Lagerfähigkeit oder die Stabilität der von ihnen erzeugten Produkte am genauesten. Deshalb ist es auch ihre Aufgabe und Verantwortung, die Mindesthaltbarkeit auf Grundlage ihrer Kenntnisse über das Produkt festzulegen.“ Vapiano etwa bietet selbst gefertigte Pasta an, und „sie darf nur am Produktionstag und am darauf folgenden Tag verkauft werden, aber nicht länger“, erklärt Zinggl.

Doch nicht bei allen Lebensmitteln müssen Angaben zur Mindesthaltbarkeit gemacht werden. „Frisches Obst und Gemüse, die nicht geschält, geschnitten oder auf ähnliche Weise behandelt worden sind, stellen lebensmittelrechtlich eine Ausnahme da“, so Windhager. Ebenso Getränke mit einem Alkoholgehalt von zehn oder mehr Volumenprozent, Backwaren, die normalerweise binnen 24 Stunden nach ihrer Herstellung verzehrt werden, Essig, Salz, Zucker in fester Form und ähnliche Erzeugnisse.

Nicht zu verwechseln ist das Mindesthaltbarkeitsdatum mit dem Verbrauchsdatum, das bei allen mikrobiell sehr leicht verderblichen Waren wie Fisch oder Fleisch angegeben sein muss. „Hier gilt: Das aufgedruckte Verbrauchsdatum muss unbedingt eingehalten werden, weil sonst die Gefahr einer Lebensmittelvergiftung droht“, so Windhager. Zinggl versichert, all diese Vorgaben würden von allen „Vapianisten“ strikt eingehalten, „dass es im Einzelfall zu Fehlern kommen kann, wird wohl kein Unternehmen ausschließen können“.

Jede Beschwerde hat Folgen

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser, jedenfalls, wenn es um die Gesundheit von Menschen geht. Während für die Gesetzgebung in Lebensmittelangelegenheiten der Bund zuständig ist, obliegt der Vollzug in mittelbarer Bundesverwaltung den Ländern. Ihre Behörden müssen Lebensmittel- und Hygienekontrollen in allen Unternehmen durchführen, die mit Lebensmitteln, Trinkwasser, Nahrungsergänzungsmitteln, Lebensmittelzusatzstoffen, aber auch Spielwaren und kosmetischen Mitteln zu tun haben.

In Wien kontrolliert das Marktamt etwa 19.000 Betriebe – und ist nach den aktuellen Meldungen sicherlich auch schon bei Vapiano vor der Tür gestanden. Das Gesundheitsministerium koordiniert die Kontrolltätigkeit aller beteiligten Stellen. Dazu wird jährlich ein nationaler Kontrollplan für Betriebsrevisionen und für Probeziehungen erstellt. Einfache Planproben werden nach dem Zufallsprinzip entnommen. Das heißt, ein Kontrolleur geht in einen Supermarkt und nimmt dort eine Reihe an Produkten zur Probe, die augenscheinlich völlig richtig gelagert sind. Zusätzlich finden sogenannte Verdachtsproben statt. Dazu kann es kommen, wenn sich ein Gast etwa beim Marktamt Wien beschwert, weil er bei einem Lokalbesuch in seinem Blattsalat kleine Würmer gefunden oder sich von Küchenschaben im Müsli gestört gefühlt hat. „Wenn wir so etwas erfahren, hat das eine Prüfung des Betriebes zufolge“, sagt Hengl. „Selbstverständlich hat jeder auch die Möglichkeit, uns eine Probe der vermeintlich verdorbenen Ware zu schicken. Sie wird dann kostenlos untersucht, und wir informieren den Konsumenten über das Ergebnis.“

Doch dabei bleibt es nicht. In solchen Fällen kontrolliert die Behörde zusätzlich noch den Betrieb und versucht, eine weitere Probe von demselben Artikel zu entnehmen. „Wir wollen ja sichergehen, dass die Ware nicht im Nachhinein verändert worden ist“, sagt Hengl.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.11.2015)

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