Verhinderter Richter bekommt gegen Wien recht

(c) Clemens Fabry
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Der Verwaltungsgerichtshof kippt einen Bescheid. Frühere Fehlleistungen dürfen nicht mehr berücksichtigt werden.

Wien. Als Anfang 2014 die Verwaltungsgerichte der Länder in Aktion traten, übernahmen sie weitgehend die Mitglieder der Unabhängigen Verwaltungssenate als Richter. Daneben wurden viele aufgenommen, die bis dahin verwaltungsintern für Rechtsmittel zuständig gewesen waren; andere kamen von außen. Bloß für einen einzigen UVS-Juristen aus ganz Österreich war der Weg ans Gericht versperrt: Wiens Landesregierung wollte ihn nicht ins Gericht übernehmen: Angesichts schwerwiegender Fehlentscheidungen verfüge er „nicht über die für die künftige Funktion als Mitglied des Verwaltungsgerichtes Wien erforderliche fachliche Eignung“, beschied ihm die Landesregierung.

Auf Beschwerde des Mannes, der sich für seine die Stadt kontrollierende Arbeit bestraft sah, hob nun der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) diesen Bescheid auf: Dieselbe Regierung, die dem Juristen schwere Fehler vorwarf, hat in dem gegen ihn geführten Verfahren selbst gepatzt.

„Arbeitserfolg erbracht“

Sie hatte etliche Höchstgerichtserkenntnisse aufgelistet, mit denen Entscheidungen des UVS-Mitglieds (teils wiederholt) aufgehoben worden waren. Sie übersah dabei aber, dass der Personalsenat des UVS ihm regelmäßig attestierte, den zu erwartenden Arbeitserfolg erbracht zu haben. An diese Bescheide – der letzte umfasst den Beurteilungszeitraum bis 30. November 2011 – ist die Landesregierung aber gebunden, so der VwGH (Ro 2014/12/0003).

Zwar blieben drei weitere Erkenntnisse des Verfassungs- und des Verwaltungsgerichtshofs, die auf die mitunter eigenwillige Arbeitsweise des Juristen hinwiesen. „Da der UVS offensichtlich außer Stande ist, eine nachvollziehbare Begründung und Entscheidung [. . .] zu treffen“, heißt es etwa in einer davon, „sieht sich der VfGH im Interesse eines rechtsstaatlichen Erfordernissen gerecht werdenden Rechtsschutzes veranlasst, den UVS für den nun im fünften Rechtsgang zu erlassenden (Ersatz-)Bescheid auf Folgendes hinzuweisen: [. . .]“ Der Verweis auf die in den Erkenntnissen dargelegten „gravierenden Fehlleistungen“ entbindet laut VwGH die Landesregierung aber nicht von der Pflicht, alle Argumente für und wider die fachliche Eignung des Mannes zu erheben und festzustellen. Das muss sie nun für einen neuen Bescheid nachholen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.11.2015)

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