Grunderwerbsteuer: Ein Ausweichmodell mit Tücken

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Viele geben jetzt Ertragsimmobilien weiter und behalten sich den Fruchtgenuss vor − ein steuerliches Risiko.

Wien. Ab kommendem Jahr wird die Grunderwerbsteuer auch bei Übertragungen innerhalb der Familie nicht mehr nach dem dreifachen Einheitswert, sondern nach dem tatsächlichen Grundstückswert berechnet. Es gibt zwar bei Erbschaften und Schenkungen künftig einen gestaffelten Steuersatz – trotzdem wird, abgesehen von Liegenschaften mit sehr niedrigem Verkehrswert, die Steuerbelastung oft steigen. Etwa bei Einfamilienhäusern werden nicht mehr ein paar hundert, sondern wohl meist ein paar tausend Euro fällig werden (siehe Grafik).

Viele Immobilienbesitzer haben deshalb die Weitergabe an die nächste Generation quasi vorgezogen und aus rein steuerlichen Erwägungen ihre Liegenschaften jetzt schon den Nachkommen geschenkt, anstatt sie ihnen irgendwann einmal zu vererben. Die bisherigen Eigentümer behalten sich dann oft ein Wohnrecht oder den Fruchtgenuss vor, denn sie wollen die Immobilie weiterhin nutzen wie bisher und dabei auch rechtlich entsprechend abgesichert sein.

Bei Ertragsobjekten heißt das, dass die Einnahmen, etwa aus der Vermietung, dem bisherigen Eigentümer weiterhin zufließen. Üblicherweise trägt er auch die Aufwendungen. Die erzielten Einkünfte werden ihm dann auch steuerlich zugerechnet.

Wer hat Veräußerungsrecht?

So weit, so gut – böse Überraschungen kann es aber bei der Absetzung für Abnutzung (AfA) geben: Um diese kann man bei einem solchen Konstrukt schlichtweg umfallen. Denn geltend machen kann sie nur, wer als „wirtschaftlicher Eigentümer“ der Immobilie gilt. Wie das zu definieren ist, war lange umstritten. Der Wartungserlass 2015 zu den Einkommensteuerrichtlinien des Finanzministeriums (BMF) sagt dazu nun aber Folgendes: Als wirtschaftlicher Eigentümer müsse man nicht nur Erträge lukrieren und laufende Aufwendungen zahlen, sondern auch in vollem Umfang die Chancen und Risken von Wertveränderungen des Grundstücks tragen. Konkret heißt das: Es muss vereinbart sein, „dass der Fruchtnießer eine Veräußerung des Grundstückes erwirken kann“. Und dass, wenn das Grundstück tatsächlich verkauft wird, dieser (und nicht der zivilrechtliche Eigentümer) die Wertsteigerung lukriert. Genauso müsste er eine allfällige Wertminderung dem zivilrechtlichen Eigentümer ersetzen.

Das BMF beruft sich dabei auf Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs (z. B. 2006/15/0123). Üblich sind solche Vereinbarungen nicht: Normalerweise wird nur ein Veräußerungsverbot festgeschrieben (also dass der zivilrechtliche Eigentümer die Immobilie nicht ohne Zustimmung des Fruchtgenussberechtigten verkaufen darf). Im Endeffekt kann es darauf hinauslaufen, dass weder der frühere noch der neue Eigentümer die AfA geltend machen kann: der frühere nicht, weil er nicht mehr wirtschaftlicher Eigentümer ist; der neue ebenfalls nicht, weil er mangels entsprechender Einkünfte gar keine Möglichkeit hat, den Absetzposten steuerlich zu nutzen.

Es sei denn, man vereinbart, dass der bisherige Eigentümer eine solche Verwertungsbefugnis bekommen soll. Ganz ohne Tücken ist aber auch das nicht: Erstens bekommt der Geschenkgeber de facto die volle Verfügungsmacht über die Immobilie zurück, dem Beschenkten bleibt von seinem Eigentumsrecht nur, dass sein Name im Grundbuch steht – das setzt viel Vertrauen voraus. Und es kann sich theoretisch rächen, sollte der Geschenkgeber jemals einen Sachwalter bekommen: Dieser könnte dann womöglich, auch gegen den Willen des zivilrechtlichen Eigentümers, den Verkauf der Immobilie erzwingen. Steuerberaterin Karin Fuhrmann, Partnerin bei TPA Horwath, weist darauf hin, dass eine solche Vereinbarung einen eigenen Grunderwerbstatbestand darstellt. Heißt: Man müsste auch das versteuern (wenn auch derzeit noch nach den alten Regeln).

Eine andere Möglichkeit wäre, dass der Fruchtgenussberechtigte dem zivilrechtlichen Eigentümer eine Substanzabgeltung in Höhe der AfA zahlt. „Diese Einnahme muss versteuert werden, man hat dann aber auch Anspruch auf die AfA“, sagt Rechtsanwalt Herbert Rainer. In diesem Fall könnte zwar nicht der bisherige, wohl aber der neue Eigentümer die AfA geltend machen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.11.2015)

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