Flughafen bekämpft lange Vergabeverfahren

(C) Flughafen Wien
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Der Wiener Airport hat bei der EU die Freistellung vom Bundesvergabegesetz beantragt. Er will beim Ausbau der „Airport City“ Zeit und Kosten sparen.

Wien. Eine Start- und Landepiste, ein paar Gates und ein schlichtes Gebäude, in denen Reisende vor den Unbilden des Wetters Zuflucht suchen und ihr Gepäck in Empfang nehmen können: Das reicht für einen Flughafen von internationalem Stellenwert schon lange nicht mehr aus. Um für die Passagiere – und natürlich auch die Fluglinien – attraktiv zu sein und selbst gutes Geld zu verdienen, müssen Flughäfen „Airport Citys“ mit Shopping-Malls, Büros, Konferenzräumen, Dienstleistungszentren, Hotels und Wirtschaftsparks werden.

Dieses Ziel verfolgt auch der Flughafen Wien, zumal dieses Geschäft schon jetzt gut ein Drittel der Erlöse bringt. Da das Kosten- und Zeit-Desaster beim neuen Terminal 3 (Ex-Skylink) verdaut ist, steht wieder Expansion im Vordergrund. Der neue Zehnjahresplan, der im März präsentiert wird, sieht Investitionen von mehreren hundert Millionen Euro vor. Zu den Schlüsselprojekten zählen der Um- bzw. komplette Neubau des alten Terminals 2 und der vierte Bauteil des Office Parks.

Geld dafür hat der Flughafen genug – er hat 2015 deutlich besser verdient als geplant. Was er aber nicht hat, ist Zeit. Denn die Konkurrenz im unmittelbaren Umfeld von Zürich über Wien bis Prag und Bratislava setzt ebenfalls auf Expansion. Deshalb will sich der Wiener Airport langwierige – und damit kostspielige Vergabe- und Bewilligungsverfahren ersparen – und hofft auf eine Freistellung vom Bundesvergabegesetz. Den entsprechenden Antrag auf Freistellung vom Bundesvergabegesetz (gemäß Paragraf 179) hat der Flughafen Wien (mit den Bundesländerflughäfen im Schlepptau) genau vor einem Jahr bei der EU eingebracht, wie Flughafen-Vorstand Günther Ofner der „Presse“ erklärt.

Länder haben Minderheit

Ofner, der auf eine Entscheidung zugunsten des Airports noch heuer hofft, führt gleich zwei Argumente ins Treffen: „Zum einen sind wir nicht mehrheitlich im Besitz der öffentlichen Hand – Wien und Niederösterreich halten jeweils nur 20 Prozent.“ Zum anderen habe man kein Monopol – die Bodenabfertigung sei längst liberalisiert. Die im § 179 angeführten Punkte für eine Ausnahme träfen voll auf den Wiener Airport zu, meint Ofner.

Im Gesetz heißt es dazu: „Vergabeverfahren von Sektorenauftraggebern fallen nicht unter dieses Bundesgesetz, wenn
1. diese Tätigkeit in Österreich auf einem Markt mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist und dies durch eine Entscheidung der Kommission festgestellt wurde, oder
2. die für die betreffende Tätigkeit zuständige unabhängige Behörde festgestellt hat, dass die Tätigkeit auf einem Markt mit freiem Zugang unmittelbar dem Wettbewerb ausgesetzt ist . . .“

In Punkt 2 erhält der Flughafen Schützenhilfe von der für ihn zuständigen Behörde, dem Infrastrukturministerium. In einer der „Presse“ vorliegenden Stellungnahme wird betont, dass der Markt, sowohl was die Bereitstellung von Flugverkehrsinfrastruktur als auch die Bodenabfertigung und sonstige Dienstleistungen (Restaurants, Parkplätze) betrifft, frei zugänglich sei. „Das Luftfahrtgesetz sieht für die Errichtung von Verkehrsflughäfen keine staatliche Flugplatzplanung vor“, heißt es. Darüber hinaus weist das Ministerium darauf hin, dass Wien nicht nur als Passagierdrehkreuz mit München, Zürich, Frankfurt und Mailand im Wettbewerb stehe, sondern auch bei Luftfracht einer starken Konkurrenz ausgesetzt sei. Zudem würden die Airports Bratislava und Budweis ausgebaut.

Und nicht zuletzt verweist das Ministerium auf den Umstand, dass der Flughafen Wien börsenotiert ist. Vom Flughafenmanagement verursachte Mehrkosten bzw. Fehlinvestitionen aufgrund „sorgloser, schlecht ausgewählter oder sogar korrupter Auswahlverfahren“ würden sich zur Gänze gewinnmindernd niederschlagen.

Die Börsenotierung hat zwar das Skylink-Debakel mit der Verdoppelung der ursprünglich veranschlagten Kosten und einer Verzögerung um vier Jahre nicht verhindern können. Dass sich ein Flop von diesen Ausmaßen wiederholt, dürfte aber auszuschließen sein. Zumal Ofner einräumt, dass sich der Flughafen bei großen Vorhaben wie etwa der dritten Piste sehr wohl dem Bundesvergabegesetz unterwerfen würde. „Damit können wir leben.“

Acht Wochen Blockade

Wenn es aber um Büros oder Hotels geht, sieht er keinen Grund für unnötige Verzögerungen durch langwierige Verfahren. Die gebe es nämlich sehr wohl, zeige die Erfahrung: Es werde etwas ausgeschrieben. Ein übergangener Bewerber nütze dann sein Recht auf Beschwerde. Am letzten Tag vor der Verhandlung ziehe er dann seine Beschwerde zurück. Die Folge. „Acht Wochen ist alles blockiert, ohne einen Effekt.“

Solche „Querschüsse“ will sich der Flughafen ersparen – und setzt auf die Einsicht Brüssels. Zumal es ja auch schon Ausnahmen gebe, etwa europaweit bei der Stromerzeugung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.01.2016)

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