Umweltrecht: Muss Umfahrung Schützen gesperrt werden?

Baustelle einer Umfahrungsstrasse
Baustelle einer Umfahrungsstrasse(c) Gina Sanders - Fotolia (BilderBox.com)
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Die wasserrechtliche Bewilligung für die Umfahrungsstraße wurde gekippt, das Verfahren geht weiter. Das Land brachte nun die Frage aufs Tapet, ob die Straße inzwischen weiterbetrieben werden darf oder nicht.

Wien. Neue Wendung im Rechtsstreit um die Umfahrung Schützen am Gebirge: Die Straße muss womöglich gesperrt werden, bis die wasserrechtliche Thematik geklärt ist. Der Durchzugsverkehr müsste dann bis auf Weiteres wieder durch den Ort geleitet werden.

Die Sperre haben nicht etwa jene Anrainer verlangt, die wegen der Umfahrung immer noch mit dem Land Burgenland im Streit liegen. Vielmehr hat das Land selbst das Thema aufs Tapet gebracht. Der Grund ist ein formaler: Wie berichtet, kippte der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) vor kurzem die wasserrechtliche Bewilligung für die Straße (2012/07/0137-15). Konkret hob er den Berufungsbescheid auf, der die von der Bezirkshauptmannschaft erteilte Bewilligung bestätigte. Dadurch wurde das wasserrechtliche Verfahren mit einem Schlag in den Status zurückversetzt, den es vor Erlassung des Berufungsbescheides hatte. Es gibt also eine erstinstanzliche Bewilligung, gegen die Rechtsmittel eingebracht worden sind. Über diese Rechtsmittel muss nun das Landesverwaltungsgericht Burgenland entscheiden (weil sich inzwischen die Zuständigkeiten geändert haben).

Aus der Sicht des Landes stellt sich dabei aber folgendes Problem: Die Beschwerden gegen die Bewilligung haben grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Gäbe es die Straße noch nicht, dürfte mit ihrem Bau nicht begonnen werden, bevor über die Sache entschieden ist. Folglich darf sie aber wohl auch nicht weiterbetrieben werden, solange die wasserrechtliche Thematik nicht geklärt ist.

„Gefahr im Verzug“

Das Land ortete jedoch einen Ausweg aus dem Dilemma – und beantragte kurzerhand beim Landesverwaltungsgericht, dieses solle den Beschwerden die aufschiebende Wirkung aberkennen. Diese Möglichkeit gibt es laut Gesetz, „wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug (...) oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist“.

Darauf hofft nun das Land. Die „Gefahr im Verzug“ begründet es damit, dass die Umfahrung die Verkehrssicherheit erhöhe: Sollte der Durchzugsverkehr wieder durch den Ort geführt werden, werde das Unfallrisiko steigen. Die Umfahrung bewirke außerdem eine Immissionsreduktion von Lärm und Luftschadstoffen. Zum Beschwerdethema selbst – dem wasserrechtlichen Aspekt – heißt es, Nachteile für die Beschwerdeführer oder Dritte seien nicht zu befürchten. Und weiter: „Sollte es durch den Betrieb während des laufenden Verfahrens tatsächlich zu Schäden an den Grundstücken der Beschwerdeführer kommen, hätten diese ohnehin zivilrechtliche Schadenersatzansprüche gegen die Beschwerdegegnerin.“

Die betroffenen Grundeigentümer können dem nichts abgewinnen. Sie argumentieren, es entstünde für niemanden eine konkrete Gefahr, wenn der Durchzugsverkehr wieder durch den Ort geführt werde, wie es ja auch schon früher viele Jahre der Fall war. Mit dem Land einig sind sie sich nur in einem Punkt: dass die Umfahrung gesperrt werden muss, wenn es bei der aufschiebenden Wirkung bleibt. Der Betrieb wäre „bereits von Amtswegen umgehend einzustellen gewesen“, heißt es dazu in einer der Stellungnahmen.

Ist Richter befangen?

Auch Befangenheit eines Richters beim Verwaltungsgericht wird ins Treffen geführt: Dieser habe in der Bezirkshauptmannschaft bei der Erlassung der wasserrechtlichen Bewilligung mitgewirkt, ja sogar die mündliche Verhandlung geleitet.

Das Gericht muss nun entscheiden, ob es bei der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden bleibt oder nicht. Wenn ja, müsste die Umfahrung wohl wirklich gesperrt werden. Dann käme im Endeffekt genau das heraus, was das Land mit seinem Antrag vermeiden will. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.02.2016)

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