Gutscheine: Wie wird man das "Schnäppchen" wieder los?

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Symbolbild.(c) Bloomberg (Luke MacGregor)
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Kann bei online gekauften Gutscheinen das Rücktrittsrecht ausgeschlossen werden? Und was gilt für den Umtausch? Das Höchstgericht entschied konsumentenfreundlich.

Wien. Gutscheine sind bei Konsumenten beliebt – so sehr, dass es bereits eigene Online-Plattformen gibt, die Gutscheine diverser Unternehmen vertreiben. Für die Unternehmen wiederum sind sie ein gutes Geschäft, besonders dann, wenn sie nie eingelöst werden. Kein seltenes Szenario, wie im Vorjahr eine Erhebung von Incert eTourismus zeigte: Im Tourismusbereich dürften demnach bis zu 55 Prozent der Gutscheine mit einem Wert unter hundert Euro, aber auch 15 bis 30 Prozent der höherwertigen nie genützt werden.

Je rascher ein Gutschein verfällt, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass es so endet. Damit hat sich schon einmal der OGH befasst und entschieden, dass es normalerweise unzulässig ist, den Kunden nur eine kurze Frist für die Einlösung zu geben (7 Ob 22/12d). Um ein ähnliches Thema – den Umtausch von abgelaufenen Gutscheinen – ging es in einer weiteren, kürzlich ergangenen Entscheidung (6 Ob 169/15v). Und zusätzlich auch um die Frage, inwieweit Verbraucher bei online gekauften Gutscheinen ein Rücktrittsrecht haben. Anlass waren zwei Klauseln in den Geschäftsbedingungen des Schnäppchenportals Groupon. Dieses vertrieb Gutscheine diverser Unternehmen, lautend auf eine Leistung („Erlebnisgutschein“), eine Ware (Warengutschein) oder einen Geldwert (Wertgutschein).

Ware oder Leistung

Eine der strittigen Klauseln erscheint auf den ersten Blick einleuchtend: Nämlich, dass nach Einlösung des Gutscheins beim Partnerunternehmen ein Widerruf – also eine Rückgabe des Gutscheins an das Portal gegen Rückzahlung des Kaufpreises – nicht mehr möglich sei. Laut OGH ist das jedoch in so allgemeiner Form nicht rechtens: Verbraucher können grundsätzlich von jedem im Fernabsatz geschlossenen Vertrag innerhalb einer bestimmten Frist zurücktreten.

Bei Dienstleistungen kann zwar das Rücktrittsrecht unter bestimmten Voraussetzungen wegfallen (etwa, wenn das Unternehmen die Leistung auf Wunsch des Kunden vor Ablauf der Rücktrittsfrist erbracht hat). Das Verkaufen von Gutscheinen sei aber nicht generell als Dienstleistung zu sehen, entschied der OGH. Sondern es kommt darauf an, ob der Gutschein auf eine Ware oder eine Dienstleistung lautet. Davon hängt es dann auch ab, ob ein Rücktritt noch möglich ist oder nicht, wenn man den Gutschein vor Ablauf der Rücktrittsfrist eingelöst hat. Eine Ware kann man dann immer noch zurückgeben – also lässt sich der Gutscheinkauf ebenso rückgängig machen.

Bei der zweiten strittigen Klausel ging es um das Umtauschrecht für abgelaufene Gutscheine: Groupon räumte den Kunden ein solches zwar ein, schrieb aber fest, dass Gutscheine, die vom Widerruf ausgeschlossen sind, auch nicht umgetauscht werden können. Das sollte auch für abgelaufene Gutscheine für Freizeitdienstleistungen und Hauslieferungen gelten.

Eine Freizeitdienstleistung ist z. B. eine Reisebuchung oder Theaterkarte, unter Hauslieferungen fällt etwa eine Bestellung beim Pizzaservice. Laut Gesetz gibt es tatsächlich kein Rücktrittsrecht, wenn solche Leistungen online bestellt werden. Denn ansonsten müsste der Unternehmer Kapazitäten dafür bereithalten, die er aber womöglich nicht mehr anderwärtig nützen könnte, wenn der Verbraucher es sich anders überlegt und vom Vertrag zurücktritt. Wer online eine Pizza bestellt, kann den Zusteller nicht einfach mit dem Hinweis auf das Rücktrittsrecht wieder wegschicken – das wäre für den Unternehmer unzumutbar.

Deshalb aber auch abgelaufene Gutscheine für solche Leistungen vom Umtausch auszuschließen, ging dem Höchstgericht trotzdem zu weit. Denn das hätte zur Folge, dass die Gutscheinplattform das volle Entgelt für den Gutschein bekommt, dieser aber womöglich bereits nach kurzer Zeit verfällt und der Verbraucher keinen Ersatz dafür bekommt. Genau diese Situation solle jedoch verhindert werden, sagte der OGH und verwies auf seine frühere Entscheidung zu den Befristungen. Dass bei bestimmten Gutscheinen tatsächlich kein Rücktrittsrecht besteht, ist demnach noch lang kein Grund, auch den Umtausch auszuschließen. Denn sonst würde dieselbe unerwünschte Situation eintreten wie bei einer zu kurzen Geltungsdauer.

Abschied aus Österreich

Gutscheinanbieter mit Onlinevertrieb in Österreich müssen ihre Geschäftsbedingungen nun an dieser Entscheidung ausrichten. Groupon selbst betrifft das nicht mehr: Das Schnäppchenportal hat sich Ende Jänner von hier verabschiedet. Alle gekauften Gutscheine bleiben gültig, Kunden können nicht eingelöste aber auch bis 15. März zurückgeben und bekommen ihr Geld zurück.

Seinen Rückzug aus Österreich begründete Groupon damit, hier keine Basis mehr für eine profitable Geschäftstätigkeit zu sehen. Mit dem OGH-Entscheid hat das wohl nichts zu tun: Auch in der Schweiz, Portugal und der Ukraine hat die börsenotierte Plattform, in die sich im Vorjahr der chinesische Internetriese Alibaba eingekauft hat, ihre Geschäftstätigkeit eingestellt. Schon im vergangenen September zog sie sich aus sieben weiteren Ländern zurück. Dem Geschäftsergebnis tat die Schrumpfung sichtlich gut: Groupon hatte zuvor rote Zahlen geschrieben, überraschte mit seinem jüngsten Quartalsergebnis im Februar jedoch positiv.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 25.02.2016)

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