Wenn Pacht doch Miete ist

Das Mietrechtsgesetz erschwert es Shoppingcenter-Betreibern, sich von unerwünschten Mietern zu trennen.
Das Mietrechtsgesetz erschwert es Shoppingcenter-Betreibern, sich von unerwünschten Mietern zu trennen.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Immobilien. Das Mietrechtsgesetz gilt meist auch für Mieter von Geschäftslokalen in Einkaufszentren. Zum Leidwesen der Betreiber.

Wien. Was kann ein Betreiber eines Einkaufszentrums tun, wenn der Bestandnehmer eines seiner Geschäftslokale immer wieder grob gegen den Vertrag verstößt? Ihn kündigen, wäre wohl die spontane Reaktion.

Doch das geht nicht so einfach, wie Gabriele Etzl, Partnerin der Wirtschaftskanzlei Wolf Theiss, aus Erfahrung weiß: „Nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs (OGH) werden Bestandverträge über Geschäftsobjekte in Einkaufszentren nämlich als Mietvertrag und nicht als Pachtvertrag qualifiziert. Das bedeutet, dass die Verträge dem Teilanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (MRG) und damit dessen restriktiven Kündigungsbestimmungen unterliegen.“

Nur schwere Verstöße zählen

Die Konsequenz: Von Vermieterseite kann ein unbefristeter Mietvertrag de facto nur wegen Nichtzahlung des Mietzinses oder erheblich nachteiligen Gebrauchs aufgelöst werden. Dasselbe gilt für befristete Mietverträge während der Befristungsdauer.

„Fast in jedem Einkaufszentrum gibt es noch einige unbefristete Bestandverträge, die praktisch nicht mehr aufzulösen sind. Denn dazu müsste es wirklich gravierende Vertragsverstöße geben“, so Etzl. In einigen Fällen führe das dazu, dass sich der Mieter quasi auf Ewigkeit „einniste“. Besonders nachteilig sei die Situation, wenn der Vermieter dem Mieter überholte Zugeständnisse gemacht habe, wie etwa, dass er besonderen Konkurrenzschutz genieße. Das verhindere einen zeitgemäßen Betrieb des Einkaufszentrums.

Ein Beispiel: Der Betreiber eines Bekleidungsgeschäfts hatte schwerwiegend gegen den Vertrag verstoßen. Er hatte nämlich vorgegeben, seine Ware zu reduzierten Preisen zu verkaufen, dabei aber den Richtpreis massiv hinaufgesetzt. Auf diese Weise vermittelte er den Eindruck, dass die Preise um mindestens 30 Prozent unter dem üblichen Verkaufspreis liegen. Eine Täuschung. Tatsächlich verkaufte er die Waren gar nicht billiger, sondern in etwa zum unverbindlich empfohlenen Richtpreis.

„Nach den vertraglichen Bestimmungen wäre dieses Verhalten jedenfalls ein Kündigungsgrund gewesen. Das Gericht hatte allerdings zu prüfen, ob der Kündigungsgrund derart schwer war, dass eine Auflösung gerechtfertigt schien“, so Etzl.
Das Verfahren dauerte fünf Jahre, bis das Oberlandesgericht Wien (38R256/14z) endlich entschieden hatte. (Eine Revision an den OGH war nicht zulässig.) Fünf Jahre, in denen das Einkaufszentrum mit dem vertragsbrüchigen Mieter leben musste.

Bei Altbauten nicht leichter

Doch sind Vermieter von Geschäftsräumen in Altbauten rechtlich besser gestellt als Betreiber von Einkaufszentren? „Nein, sie unterliegen nämlich sogar dem Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes. Das bedeutet nichts anderes als eine noch stärkere Regulierung der Rechte und Pflichten des Mietverhältnisses“, sagt die Anwältin.

So darf die Miete einen angemessenen Betrag nicht übersteigen, und es können auch nur bestimmte Betriebskosten auf den Mieter überwälzt werden.
Etzl sieht die Nachteile dieser Regelungen: „Mitunter kommt es auch aus diesen Gründen vor, dass Geschäftslokale lieber gar nicht vermietet werden, bevor sich ein Vermieter diesen Restriktionen aussetzen will.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2016)

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