Flughafen-Gegnerin blitzt ab: UVP nicht zwingend

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Expansion. Ein sieben Jahre dauernder Rechtsstreit endet mit einer Niederlage einer Anrainerin: Ihrer Forderung nach Schadenersatz wegen Wertminderung ihres Hauses durch Fluglärm wurde nicht stattgegeben.

Wien. Der Flughafen Wien und seine Ausbaupläne inklusive der dritten Piste: Dieses heiße Thema spaltet seit jeher Befürworter und Gegner. Die einen erwarten sich von einer wettbewerbsfähigen Infrastruktur auch zusätzliche Impulse für die heimische Wirtschaft und den Tourismus. Die Gegner der Expansion fürchten eine Belastung der Umwelt und infolgedessen die Gefährdung der Gesundheit.

Jetzt gibt es in dem unendlichen Streitthema ein Urteil des Oberlandesgerichts Wien (OLG), das für den Flughafen Wien richtungsweisend ist. Für die Bürgerinitiativen bedeutet der Richterspruch, der der „Presse“ vorliegt, indes eine empfindliche Niederlage. Denn die streitbare Ärztin und Flughafen-Anrainerin Jutta Leth, Obfrau eines Dachverbands von Bürgerinitiativen, ist in einem von ihr angestrengten Rechtsstreit beim OLG endgültig abgeblitzt.

Schon 2009 hat Leth eine Amtshaftungs- und Staatshaftungsklage gegen die Republik und das Land Niederösterreich eingebracht. Sie führte darin eine Wertminderung ihres Grundstücks und Hauses, das sie schon viele Jahre bewohnt, in Höhe von 120.000 Euro ins Treffen. Sie begründete die Klage, die sie über ihren Anwalt Wolfram Proksch einbrachte, damit, dass der Flughafen viele bauliche Maßnahmen wie etwa auch den neuen Terminal 3 ohne Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP) durchgezogen hätte.

Kausalität kaum nachzuweisen

Was dann folgte, war ein Marsch durch alle Instanzen – und wieder zurück. Nachdem das Erstgericht die Klage wegen Verjährung abgewiesen hatte, hob das OLG dieses Urteil teilweise auf. Der daraufhin angerufene Oberste Gerichtshof (OGH) befasste den Europäischen Gerichtshof (EuGH) mit dem Thema. Die Kernfrage lautete, ob der Wertverlust von Sachgütern (etwa eines Hauses) auch unter den Schutzzweck der UVP-Richtlinie falle.

Die EuGH-Richter sagten grundsätzlich Ja – die Wertminderung müsse aber eine unmittelbare Folge der Unterlassung einer UVP sein. Das heißt, die Anrainer – und auch Leth – müssten dies nachweisen. Das konnte sie offenbar nicht, denn ihrer Behauptung zufolge sei die unmittelbare Ursache für die Entwertung ihrer Liegenschaft der seit Jahren ansteigende Fluglärm. Der OGH hob das Urteil des Erstgerichts daraufhin zur Gänze auf – mit dem Hinweis, dass die Steigerung des Fluglärms auch mit durchgeführter UVP möglich sei.

Leth ließ nicht locker und brachte im neuerlichen Verfahren neue Argumente vor. Im Wesentlichen stützte sie sich auf den auf Verlangen der EU vom Flughafen erstellten „Ex-Post-Umweltverträglichkeitsbericht“ und die darin angeführten 15 Einzelprojekte. Dazu gehören der neue Terminal 3 (ehemals Skylink), der Tower für die Flugsicherung, das neue Frachtzentrum und der Office Park. Leth bestritt diesen Umweltverträglichkeitsbericht mit dem Argument, er habe niemals eine – vor Errichtung der Projekte durchzuführende – UVP ersetzen können.

Das Erstgericht wies die Klage zur Gänze ab: Es sei vertretbar gewesen, dass für die Ausbaumaßnahmen – mit Ausnahme des Terminals und der dritten Piste – keine UVP erforderlich sei. Aus damaliger Sicht sei auch der UVP-Feststellungsbescheid zum Terminal vertretbar gewesen. Und, so heißt es im Urteil: Für die dritte Piste sei ohnedies ein UVP-Verfahren im Laufen.

Das OLG bestätigte nun dieses Ersturteil mit dem lapidaren Satz: „Der im Ergebnis unberechtigten Berufung war somit ein Erfolg zu versagen.“ Eine weitere ordentliche Revision wurde nicht zugelassen.
Der durch die Kanzlei Schönherr vertretene Flughafen fühlt sich durch das Urteil naturgemäß bestätigt. Ein Sprecher verweist zudem darauf, dass die Grundstückspreise durch den Ausbau und die Ansiedlung von Unternehmen in den vergangenen zehn Jahren massiv gestiegen seien.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.03.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.