Flughafen Wien: UVP bleibt der Zankapfel

Der Flughafen Wien expandiert kräftig – nicht immer zur Freude der Anrainer.
Der Flughafen Wien expandiert kräftig – nicht immer zur Freude der Anrainer.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
  • Drucken

Eine streitbare Anrainerin lässt nicht locker und geht in die außerordentliche Revision: Ihr ist der Ausbau ein Dorn im Auge.

Wien. Eine halbe Milliarde Euro steckt das Flughafen-Management in den Ausbau des Wiener Airports. Die Komplettsanierung des ältesten Bauteils, des Terminals 2, die Modernisierung des Piers Ost sowie ein neues Gebäude am Terminal 3 sollen den Flughafen (noch) komfortabler und attraktiver, aber auch profitabler machen.

Dieses größte Bauvorhaben seit dem umstrittenen Terminal 3 (ehemals Skylink) stellt aber nicht nur für das Management eine große Herausforderung dar – schließlich sollen die Fehler inklusive Kostenüberschreitung beim Skylink vermieden werden. Der Terminal-Ausbau dürfte auch wieder Anrainer und Umweltaktivisten mobilisieren, die schon bei den vergangenen und noch laufenden Projekten – wie der dritten Piste – für heftige Diskussionen sorgten und sorgen. Das wiederum heißeste Thema: die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP). Während die Airport-Spitze die Ansicht vertritt, auch bei den jüngsten Projekten ohne UVP auszukommen, sind die Kritiker der gegenteiligen Ansicht. Nur für die dritte Piste läuft eine UVP.

Zu den Kritikern zählt auch die Ärztin Jutta Leth, Obfrau eines Dachverbands von Bürgerinitiativen. Sie hat zwar vor Kurzem in einem sieben Jahre dauernden Rechtsstreit eine Niederlage vor dem Oberlandesgericht Wien (OLG) erlitten („Die Presse“ berichtete am 24. März). Die Flughafen-Anrainerin gibt aber nicht auf. „Ich habe Ende März beim Obersten Gerichtshof die außerordentliche Revision eingebracht“, sagt Leths Anwalt Wolfram Proksch zur „Presse“. Außerdem plant er, bei der EU-Kommission ein neuerliches Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich anzuregen, da seiner Meinung nach EU-Recht weiter „prominent ignoriert“ wird.

Wertminderung durch Lärm

Leth ist der Meinung, dass die Expansion des Flughafens, die eben weitgehend ohne UVP durchgezogen worden ist, und die damit verbundene Lärmbelastung zu einer Wertminderung ihrer Immobilie geführt haben. Bei der 2009 eingebrachten Amts- und Staatshaftungsklage gegen die Republik und das Land Niederösterreich machte sie einen Wertverlust von 120.000 Euro geltend.

Das Verfahren ging durch alle Instanzen bis zum Europäischen Gerichtshof (EuGH), der vom OGH beigezogen wurde. Schließlich bekräftigte das Oberlandesgericht Wien (OLG) das Urteil des Erstgerichts und wies die (neuerliche) Klage von Leth ab. Die Begründung: Für die Ausbaumaßnahmen sei mit Ausnahme der dritten Piste keine UVP erforderlich. Die Berufung Leths sei unberechtigt.

Proksch argumentiert indessen: „Die Unterlassung der Einholung der (von Leth mehrmals) beantragten Gutachten und nunmehrige Abweisung der Klage mangels ausreichender Konkretisierung des Klagsbegehrens stellen einen gravierenden Verfahrensmangel dar.“ Denn die Pflicht zur Konkretisierung des Klagsbegehrens dürfe auch nicht überspannt werden.

Angesichts der Länge des Verfahrens sei die Klägerin auch „in ihren Rechten auf ein faires Verfahren gemäß Artikel 6 Menschenrechtskonvention verletzt, heißt es weiter. Proksch stellt überdies die Frage, ob es angesichts der Tatsache, dass Staats- und Amtshaftungsverfahren privater Personen so gut wie nie von Erfolg gekrönt seien, nicht einfacher oder zumindest billiger wäre, das Amtshaftungsrecht gänzlich abzuschaffen.

AUF EINEN BLICK

Der Kampf einer streitbaren Anrainerin des Flughafens Wien geht in die nächste Runde. In einem sieben Jahre dauernden Rechtsstreit ist die Ärztin Jutta Leth kürzlich mit ihrem Ansinnen, einen Ausgleich für die Wertminderung ihrer Immobilie infolge des Flughafen-Ausbaus und der zunehmenden Lärmbelastung zu erreichen, abgeblitzt. Über ihren Anwalt Wolfram Proksch hat Leth nun außerordentliche Revision eingelegt. Sie macht gravierende Verfahrensmängel geltend.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.04.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.