Österreichs Manager wünschen sich kompetentere Aufsichtsräte. Nur die wenigsten von ihnen können sich vorstellen, selbst ein Aufsichtsratsmandat anzunehmen.
Wien. Vergangene Woche präsentierte der Geschäftsführer der B & C Industrie-Holding, Felix Strohbichler, gemeinsam mit Werner Hoffmann, dem Vorstand des Instituts für Strategisches Management an der WU Wien, den Österreichischen Manager-Monitor 2016. Dafür wurden 200 Manager aus österreichischen Großunternehmen unter anderem nach ihrem Verhältnis zu Aufsichtsräten befragt. Die Ergebnisse sind aufschlussreich: Fast die Hälfte der befragten Manager (48 Prozent) wünscht sich von ihren Aufsichtsräten ein besseres Verständnis der Geschäfts- und Betriebsabläufe.
47 Prozent der Befragten sprechen sich für mehr Diversität in den Aufsichtsräten aus. Doch was heißt Diversität in diesem Zusammenhang? „Unbestritten kognitive Diversität“, sagt Hoffmann. „Menschen mit unterschiedlichen Weltsichten, Denkmustern, Haltungen sind gefragt. Wenn alle die gleiche Brille aufhaben, weil sie das gleiche Geschlecht, das gleiche Alter haben und in einem ähnlichen Umfeld sozialisiert worden sind, werden sie immer nur dasselbe sehen.“ Die betriebswirtschaftliche Entscheidungsforschung belege, dass gerade komplexe, schlecht strukturierte Problemstellungen erfolgreicher bewältigt würden, je höher die Diversität unter den Entscheidenden ist. „Das hat aber auch einen Preis“, sagt Hoffmann. „Die Entscheidungsprozesse dauern länger.“
„Befund mit tragischen Folgen“
Zwei Drittel der Manager finden übrigens, das Monopol der Strategieentwicklung solle allein beim Vorstand liegen. Immerhin 31 Prozent finden jedoch, dass die strategische Planung am besten gemeinsam von der Unternehmensführung und dem Aufsichtsrat konzipiert werden soll. „Ein spannender Befund, der vielleicht richtungsweisend ist, weil das unser Two-tier-System ein wenig infrage stellt“, sagt Hoffmann. Das österreichische Aktiengesetz kennt im Unterschied zur angloamerikanischen Rechtsordnung kein monistisches System, bei dem Unternehmensführung und -kontrolle in einer Hand liegen.
Überrascht hat die Studienautoren, dass 42 Prozent der Manager definitiv kein Aufsichtsratsmandat annehmen wollen. 37 Prozent geben an, es sich derzeit nicht vorstellen zu können.
Warum das so ist? 67 Prozent fühlen sich mit ihrer Aufgabe als Vorstand völlig ausgelastet. Zusätzlich sähen es ihre Arbeitgeber nicht gern, wenn über die Managertätigkeit hinaus noch andere Aufgaben übernommen werden. Ein Befund mit tragischen Folgen, sagt Strohbichler: „Gibt es dann nur mehr Anwälte, Steuerberater oder pensionierte Manager in den Aufsichtsräten? Oder brauchen wir künftig Berufsaufsichtsräte, um dieser Entwicklung zu begegnen?“
Bei der B & C-Gruppe hat man sich für einen Mittelweg entschieden: Einerseits gibt es hauptberufliche Aufsichtsratsmitglieder, andererseits werden Externe in das Kontrollgremium entsendet. So hofft man, Vielfalt sicherzustellen.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.06.2016)