Firmenbuch: Das elektronische Vierteljahrhundert

(c) FABRY Clemens
  • Drucken

Vor 25 Jahren begann das digitale Zeitalter am Handelsgericht. Trotz Fortschrittsdenkens ist die Richterschaft nicht mit allen Entwicklungen einverstanden.

Wien. Von 1991 bis 1994 tingelte ein Spezialkommando durch Österreichs Gerichte. Drei Jahre digitalisierten eigens rekrutierte Rechtspfleger die Handelsregister des Landes. Wenn man heute die Archive im 15. Stock des Wiener Handelsgerichts betritt, kann man die zum Teil noch in schnörkeliger Kurrentschrift befüllten Relikte vergangener Zeiten betrachten. Im Nebenraum stehen die vor Mai 2005 gesammelten Urkundenmappen in Reih und Glied. Gesellschaftsverträge, Satzungen, Bestellungen von Prokuristen – alles, was zu einer Firmengründung oder den folgenden Änderungen dazugehört. Seit 2005 werden auch sie elektronisch archiviert.

Dieses Jahr feiert das elektronische Firmenbuch sein 25-jähriges Jubiläum. Gut 244.000 Rechtsträger sind heute in Österreich eingetragen. „Richtigkeit, Aktualität, Transparenz“ solle das öffentliche Register diesen 244.000Unternehmen und ihren Vertragspartnern bieten, sagt Maria Wittmann-Tiwald, Präsidentin des Handelsgerichts Wien.

Auf die rechtlichen und technischen Standards des Registers ist man dort stolz. 239.000 Eintragungen standen im vergangenen Jahr 33.000 Verbesserungsaufträgen gegenüber. Weniger als ein Prozent der Anträge mussten zurück- oder abgewiesen werden. Das hängt laut der Präsidentin mit dem „hohen Servicecharakter“ des Firmenbuchverfahrens zusammen. In komplexen Fällen – etwa bei börsenotierten Gesellschaften oder grenzüberschreitenden Verschmelzungen – kann es vorkommen, dass die Richter und Rechtspfleger vor der Eintragung dreimal mit den Antragstellern den Firmenwortlaut durchbesprechen.

Der aktuell debattierte Vorschlag, dass künftig eine Handysignatur den Notariatsakt bei der Firmenbucheintragung für GmbHs ablösen könnte, stößt am Wiener Handelsgericht auf wenig Gegenliebe. Eine „wichtige Filterfunktion“ spricht die Präsidentin dem Gang zum Notar zu – sowohl zur Identitätsprüfung als auch für ein „Minimum an Rechtsberatung“. Sollte die Novelle kommen, werde man zwar auch diese Firmenbuchanträge bearbeiten. Wittmann-Tiwald: „Aber wir rechnen damit, dass die Zahl der Verbesserungsanträge steigern wird.“ (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.07.2016)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.