Türkei: Rechtsberatung im Ausnahmezustand

Symbolbild zur faktischen Abschaffung der Demokratie in der T�rkei und Verh�ngung des Ausnahmezustan
Symbolbild zur faktischen Abschaffung der Demokratie in der T�rkei und Verh�ngung des Ausnahmezustan(c) imago/Ralph Peters (imago stock&people)
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Was bedeutet die politische Lage in der Türkei für internationale Anwaltskanzleien mit Büros in Istanbul? Das hängt davon ab.

Die krasse Situation, dass sich eine Anwaltskanzlei aus einem Markt zurückzieht, tritt nur dann ein, wenn man auf keine ausreichende Nachfrage stößt oder es politische Krisen gibt, die Risken bringen.“ Das antwortete der Managing Partner der Wirtschaftskanzlei Wolf Theiss, Erik Steger, Anfang 2015 auf die Frage, ob eine Schließung der Kanzleistandorte in Osteuropa nicht auch bei Wolf Theiss zur Diskussion stünde.

In der Türkei herrscht seit 20. Juli der Ausnahmezustand. Ein Musterbeispiel einer politischen Krise, die Risken bringt. Nur muss sich Wolf Theiss diesmal nicht den Kopf zerbrechen, sondern einige ihrer Mitbewerber. Etwa DLA Piper oder Schönherr Rechtsanwälte. Letztere eröffnete im Herbst 2012 ein Auslandsbüro in Istanbul, indem sie mit der türkischen Kanzlei CTK Türkoğlu Çelepçi fusionierte.

Wie wirkt sich also die aktuelle Lage auf Kanzleien mit Büros in der Türkei aus? „Höchst unterschiedlich“, sagt Christoph Lindinger, Schönherrs Managing Partner. „Kanzleien, die auf Regierungs- und AKP-Nähe gesetzt haben, und Kanzleien, die keiner Lobby nahestehen, werden vom Ausnahmezustand nur dann betroffen sein, wenn er nachhaltig zu einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums führt. Kanzleien, die auf eine Nähe zur Gülen-Bewegung gesetzt haben, brauchen dagegen nicht mehr anzutreten.“ Schönherr sei in der Türkei mit keiner Lobby verbunden. Wirtschaftliche Auswirkungen seien deshalb nur aufgrund der Verunsicherung ausländischer Investoren zu erwarten.

Nun, der Ausnahmezustand ist wohl nicht gerade ein Anreiz für Ausländer, in der Türkei zu investieren. Das stimme nur zum Teil, so Lindinger. „Auch andere politische Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahren führten zu einem dramatischen Rückgang der Investitionen von Ausländern in der Türkei. Der Ausnahmezustand ändert also an der Tendenz der vergangenen Jahre nichts, verstärkt sie vermutlich nur ein wenig. Jene Unternehmen, für die die Türkei aus strategischen Gründen wichtig ist, haben sich in der Vergangenheit weder durch eine schwierige politische Lage noch durch Terror abschrecken lassen.“ Mondi etwa habe kurz nach dem Attentat auf dem Istanbuler Atatürk-Flughafen eine Akquisition abgeschlossen.

Und wie ergehe es DLA Piper gerade in der Türkei?, will „Die Presse“ wissen. Anders als Lindinger gibt sich Managing Partner David Bauer nach Rücksprache mit dem DLA-Büro in London sehr zurückhaltend: „Die Türkei ist natürlich ein wichtiger Geschäftspartner für viele unserer Klienten. Wir als DLA Piper beobachten die Entwicklung in der Türkei genau und sind bestrebt, unseren Mandanten die bestmögliche Unterstützung zu bieten. Darüber hinaus bitte ich Sie um Verständnis, dass ich im Interesse unserer Mandanten nichts kommentieren möchte“, lautet sein Statement.

E-Mails an:judith.hecht@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 28.07.2016)

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