Schadenersatz nach Fehler bei Streik

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Nach einem Fluglotsenstreik in Deutschland muss die Gewerkschaft Schadenersatz zahlen. Das Risiko gäbe es auch in Österreich, sagt eine Arbeitsrechtlerin.

Erfurt/Wien. Streiken ist in Deutschland riskanter geworden. Das deutsche Bundesarbeitsgericht entschied Ende Juli, ein Streik der Gewerkschaft der Flugsicherung sei rechtswidrig gewesen, und sprach dem Betreiber des Flughafens Frankfurt am Main einen Schadenersatzanspruch zu. Es geht um bis zu 5,2 Mio. Euro.

Begründet wurde das damit, dass einzelne Streikforderungen der Lotsengewerkschaft noch der Friedenspflicht unterlagen: Ein Streik darf sich nicht gegen Regelungen eines gültigen Tarifvertrages richten. Für einige Punkte, um die es ging, galt der Tarifvertrag jedoch noch bis Ende 2017.

Das Urteil sei auch für Österreich spannend, sagt die Wiener Arbeitsrechtsexpertin Judith Morgenstern zur „Presse“. Zwar wird in Österreich höchst selten gestreikt – eine Folge der „gelebten Sozialpartnerschaft“, so die Anwältin. Aber: Sollte es künftig doch dazu kommen, würden Schadenersatzansprüche von Unternehmen wohl auch hier wahrscheinlicher, denn „man schaut hier auf Deutschland“.

Ähnliche Rechtslage

Die Friedenspflicht hinsichtlich kollektivvertraglicher Regelungen gilt in Österreich genauso – der KV müsste schon wirksam aufgekündigt worden sein, damit sie wegfällt. Und generell ist hier die KV-Abdeckung viel stärker, es gibt also weit weniger ungeregelte Bereiche. Selbst Gehaltsansätze gelten meist unbefristet, also bis zum Abschluss einer neuen Gehaltsrunde.

In Deutschland stieß das Urteil nicht nur auf Zustimmung. „Das Streikrisiko ist aus meiner Sicht in unzumutbarer Weise gestiegen“, sagte der Bremer Arbeitsrechtsprofessor Wolfgang Däubler der Deutschen Presse-Agentur. Auch ein Fehler bei einer unbedeutenden Nebenforderung könne jetzt dazu führen, dass ein Streik insgesamt als rechtswidrig beurteilt wird.

Selbst ein einziger Verstoß bei der Friedenspflicht stelle einen Arbeitskampf rechtlich infrage, sagte auch der Bonner Professor Gregor Thüsing. Streikfehler könnten nun häufiger finanzielle Konsequenzen haben, meint er, hält das jedoch für zumutbar. Gewerkschaften müssten nun eben genau prüfen, mit welchen Forderungen sie in Arbeitskämpfe ziehen. (APA/cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.08.2016)

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