Schadenersatz nach Preisabsprachen leichter durchsetzbar

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Die Durchsetzung von Schadenersatz nach Preisabsprachen soll leichter werden. Konsumenten nützt das aber nur bedingt.

Wien.Vergangenen Freitag wurde der Entwurf für eine Kartellrechtsnovelle in die Begutachtung geschickt. Einer ihrer Schwerpunkte ist die – gerade noch rechtzeitige – Umsetzung der EU-Schadenersatzrichtlinie. Die Frist dafür endet laut EU-Vorgaben am 27.Dezember.

Spätestens ab dann soll es Schadenersatzklägern leichterfallen, ihre Ansprüche gegenüber Unternehmen durchzusetzen, die wettbewerbswidrige Absprachen getroffen haben. So gilt künftig bei einem „Kartell zwischen Wettbewerbern“ – also bei horizontalen Absprachen – die Vermutung, dass ein Schaden entstanden ist. Behaupten die Kartellanten das Gegenteil, müssen sie dafür den Beweis antreten. Das ist konträr zum allgemeinen Schadenersatzrecht: Normalerweise muss derjenige, der einen Schaden behauptet, diesen auch beweisen.

Zugriff auf Beweismittel

Darüber hinaus sollen Geschädigte leichter Zugang zu Beweismitteln bekommen: Sobald ein Schadenersatzverfahren anhängig ist, sollen die Streitparteien vor Gericht beantragen können, dass ihr Prozessgegner – oder auch Dritte – Unterlagen, die er in seiner Verfügungsmacht hat, offenlegen muss. Das Gericht entscheidet dann darüber. Auch das ist im Schadenersatzrecht sonst nicht üblich, normalerweise liegt es beim Kläger, seine Behauptungen zu beweisen.

Mit bestimmten Einschränkungen bekommen Schadenersatzkläger künftig auch Zugriff auf Unterlagen aus Akten der Wettbewerbsbehörde, lediglich Kronzeugenerklärungen und Vergleichsausführungen sind davon ausgenommen. Andere Unterlagen aus den Akten, die von Kronzeugen stammen, sind nur vorübergehend geschützt, solange das Geldbußenverfahren läuft. Danach kann der Prozessgegner auch deren Herausgabe beantragen.

Auch für mittelbar Geschädigte bringt die Novelle Änderungen. Sie können künftig ebenfalls leichter Ansprüche geltend machen, sagt Rechtsanwalt Martin Eckel, der bei Taylor Wessing CEE das Kartellrechtsteam leitet. Er erklärt das am Beispiel des Aufzugskartells: Preisabsprachen zwischen Aufzugsherstellern gehen zwar unmittelbar zulasten der Hauseigentümer. Wenn diese jedoch die höheren Kosten an die Mieter weitergeben, bleibt der Schaden an den Mietern hängen. Die Neuregelung sehe nun vor, dass die Schadensabwälzung auf den Endkunden ebenfalls vermutet wird, sagt Eckel. Das ist ein Vorteil für mittelbar Geschädigte.

Wenig Neues für Konsumenten

Das Recht, die Herausgabe von Beweismitteln zu beantragen, hat künftig freilich auch ein Kartellant, wenn er auf Schadenersatz verklagt wurde. Um beim Beispiel Aufzüge zu bleiben, könnte er vom Hauseigentümer die Betriebskostenabrechnungen verlangen, um nachzuweisen, dass der Eigentümer den Schaden gar nicht selbst getragen, sondern auf die Mieter abgewälzt hat. So könnte er Ansprüche des Hauseigentümers abwehren. Den Schaden einklagen könnten dann nur die Mieter.

Und wie steht es um Ansprüche von Konsumenten, die sich durch Absprachen im Lebensmittelsektor geschädigt fühlen? Geht es um Fälle aus der Vergangenheit, ändert die Novelle für sie nichts. „Die Neuregelung gilt erst für Schäden, die nach dem 26.Dezember 2016 passieren“, sagt Andreas Traugott, Kartellrechtsspezialist bei Baker & McKenzie. Bei vertikalen Absprachen, also solchen zwischen Lieferanten und Händlern, gilt die Schadensvermutung außerdem auch künftig nicht: Wer einen Schaden behauptet, muss ihn weiterhin nachweisen. Streuschäden lassen sich zudem in Ländern wie England, in denen das Instrument der Sammelklage zur Verfügung steht, leichter einklagen als hierzulande, sagt Traugott.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.09.2016)

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