Lohn nicht ausgezahlt: Strafe ist fix

Wenn viele Mitarbeiter zu lang auf ihr Geld warten müssen, kann die Strafe für den Unternehmer hoch ausfallen.
Wenn viele Mitarbeiter zu lang auf ihr Geld warten müssen, kann die Strafe für den Unternehmer hoch ausfallen. (c) REUTERS
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Lohndumping. Zweite Runde im Verfahren gegen Geschäftsführer, der Lohn nicht zahlen konnte: Er fasste wieder eine Strafe aus.

Wien. Arbeitgebern oder Geschäftsführern, die Mitarbeitern ihren Lohn nicht zahlen können, drohen Strafen wegen Lohndumpings. Das zeichnete sich schon vor einigen Wochen ab, jetzt hat es sich durch ein neues Urteil bestätigt. Der Fall ging schon einmal durch alle Instanzen: Eine GmbH in Geldnöten war einer Arbeitnehmerin ihren Lohn schuldig geblieben, der Geschäftsführer des Unternehmens fasste deshalb 1000 Euro Geldstrafe aus. Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hob diese Strafe zwar auf, bestätigte aber, dass Lohndumping auch darin bestehen kann, Mitarbeitern ein an sich korrekt vereinbartes Entgelt nicht auszuzahlen (Ra 2016/11/0007).

Die Causa landete daraufhin wieder bei der Unterinstanz, dem Landesverwaltungsgericht Niederösterreich. Dieses hat nun, wie vom VwGH gefordert, auch die „subjektive Tatseite“, also das Verschulden des Geschäftsführers, geprüft – und neuerlich eine Verwaltungsstrafe verhängt: zwar nicht mehr 1000, aber immerhin noch 500 Euro, plus 50 Euro für die Verfahrenskosten.

„Nicht ganz schuldlos“

Was war überhaupt geschehen? Die Arbeitnehmerin arbeitete im Juni und Juli 2014 einige Wochen lang bei dem Unternehmen. Kollektivvertraglich war sie richtig eingestuft, wegen einer Zahlungsstockung konnte der Arbeitgeber ihr aber den Lohn nicht überweisen. Daraufhin klagte sie ihr Entgelt ein. Vom Arbeitgeber wurde ihr Anspruch zwar anerkannt, seine Geldprobleme bekam er aber nicht mehr in den Griff. Im März 2015 ging das Unternehmen in Konkurs.

Es sei glaubwürdig, dass der Arbeitgeber den Lohn schlicht nicht zahlen konnte und es keinen anderen Grund für die Nichtauszahlung gab, heißt es nun sinngemäß in dem neuen Urteil. Deshalb sei das Verschulden des Geschäftsführers als gering anzusehen. Ganz schuldlos sei er jedoch nicht gewesen: In dem Unternehmen habe es kein wirksames Kontrollsystem gegeben, um Engpässe bei der Auszahlung der Löhne zu vermeiden. Und von den Zahlungsstockungen habe der Arbeitgeber gewusst, er habe also vorhersehen können, dass ihm das Geld für die Lohnauszahlung fehlen würde. Trotzdem habe er das Dienstverhältnis aufrechterhalten, bis die Mitarbeiterin von sich aus das Unternehmen verließ. Diese Vorgehensweise habe sich – so das Gericht – als fahrlässig erwiesen.

Damit hat sich bestätigt, was nach dem VwGH-Urteil bereits zu vermuten war: Es kann nach dem Lohndumping-Gesetz als Verschulden gewertet werden, wenn man Mitarbeiter weiterbeschäftigt, obwohl die Auszahlung ihrer Löhne nicht gesichert ist. Nun kann man laut Gesetz auch ohne Strafe wegkommen, wenn einen nur ein geringes Verschulden an einer Unterentlohnung trifft. Voraussetzung dafür ist aber, dass man den ausstehenden Lohn innerhalb einer festgesetzten Frist nachzahlt. Schafft man das nicht, gibt es keine Chance auf Straffreiheit mehr.

Genauso war es im obigen Fall. Die Behörde hatte dem Geschäftsführer zunächst gar keine Nachfrist mehr gesetzt – das war einer der Punkte, die der VwGH beanstandete. Im neuerlichen Urteil heißt es nun aber, dass es dem Geschäftsführer wegen des Konkurses der Firma ohnehin nicht mehr möglich gewesen wäre, den Lohn nachzuzahlen. Fazit: „Die Voraussetzungen für ein Absehen von der Strafe liegen nicht vor.“ Dass der Geschäftsführer mit der Mitarbeiterin keine „verpönte Vereinbarung“ geschlossen, sondern sie kollektivvertraglich richtig eingestuft hatte, wertete das Gericht lediglich als Milderungsgrund, genauso wie die Tatsache, dass nur eine Mitarbeiterin betroffen war.

Eine ordentliche Revision gegen das Urteil hat das Gericht nicht mehr zugelassen, mit der Begründung, dass sich die Entscheidung auf die VwGH-Judikatur stützt. Das Urteil wird also wohl rechtskräftig werden: Eine außerordentliche Revision wäre zwar möglich, allein die Einbringung eines solchen Rechtsmittels kostet aber 240 Euro an Gebühren.

Im Zweifel lieber kündigen?

Was bedeutet das nun aber für andere Unternehmer und Geschäftsführer? Ihr Dilemma bei einem Liquiditätsengpass bekommt eine zusätzliche Dimension – speziell dann, wenn das Problem lösbar erscheint, weil es etwa durch den Zahlungsausfall eines wichtigen Kunden verursacht wurde, die Auftragsbücher aber gut gefüllt sind. Will man dann das Unternehmen retten, wird man versuchen, die Arbeitskräfte zu halten und den Betrieb weiterzuführen (wobei die Löhne der Mitarbeiter im Extremfall durch den Insolvenzentgeltfonds abgesichert sind). Jetzt ist aber klar, dass ein solches Verhalten unter Lohndumping fallen kann. Und die Strafen dafür können empfindlich ausfallen: Haben mehr als drei Arbeitnehmer ihren Lohn nicht bekommen, drohen pro betroffenem Mitarbeiter 2000 bis 20.000 Euro Geldstrafe, im Wiederholungsfall 4000 bis 50.000 Euro.

Bleibt die Frage, ob der Gesetzgeber das wirklich so gewollt hat. Ob er also mit dem Lohndumpingverbot auch Unternehmer treffen wollte, denen schlicht das Geld ausgegangen ist – oder doch nur solche, die Mitarbeiter zu Hungerlöhnen einstellen. Klären kann das nur er selbst.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2016)

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