Dachverbände: Die Gefahr droht von unten

Kdolskys Dachverband wappnet sich.
Kdolskys Dachverband wappnet sich.(c) Clemens Fabry
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Eine unbemerkte Gesetzesänderung bringt Österreichs Dachverbände in Gefahr. Der Fehler eines einzigen Mitglieds kann alle anderen die Steuerbefreiung und Spendenbegünstigung kosten.

Wien. „Fällt der Mantel, fällt der Herzog“, wird bei politischen Rochaden gern Schiller zitiert. Der Satz trifft auch für Vereine zu: Diese dürfen nie bloß einen Deckmantel für die Erwerbstätigkeit ihrer Mitglieder darstellen.

Fällt der Mantel, versinkt das gesamte Herzogtum im Chaos, könnte man das Zitat nach einer großteils unbemerkten Novelle von 2012 auf die Spitze treiben. Seit damals ist in der Vereinsrichtlinie geregelt, dass ein Dachverband unverzüglich tätig werden muss, wenn er erfährt, dass einer seiner Vereine nicht mehr alle Voraussetzungen für seine Gemeinnützigkeit erfüllt – etwa wenn seine erwerbswirtschaftliche Tätigkeit Oberhand gewinnt. Sonst könnte im schlimmsten Fall die gesamte Konstruktion vom Dachverband abwärts über alle Zwischenverbände bis auf die unterste Vereinsebene ihren Gemeinnützigkeitsstatus verlieren. Steuerbefreiungen und Spendenbegünstigung würden auf Eis liegen.

Im Fall einer Großorganisation wie etwa der Arge Selbsthilfe Österreich kann eine einzige Betriebsprüfung über Wohl und Weh von 1700 Selbsthilfegruppen entscheiden. Das Schadenspotenzial ist dementsprechend riesig.

Schlummerndes Risiko

„Die Gefahr ist nicht ganz neu, aber sie schlummert“, sagt der Wiener Steuerberater Christian Buczolich. Einen gewissen Aktualitätswert gewinnt sie aber, seit die Meldung die Runde macht, dass das Finanzamt Vereine verstärkt unter die Lupe nehmen will. Buczolich ist Teil eines im Frühsommer ins Leben gerufenen Expertenpools der Arge Selbsthilfe. Als solcher berät er die ehemalige Gesundheitsministerin Andrea Kdolsky in ihrer Funktion als Geschäftsführerin der Arge. Als Risikoprävention könnte man seine Aufgabe in dem Expertenrat bezeichnen.

Sein Tipp für Österreichs Dachverbände ist, bis auf die unterste Ebene hinab Rechnungslegungsabschlüsse und Vereinsstatuten zu durchforsten, um zu verhindern, dass ein Mitglied fröhliche Urständ feiert oder auch nur Formfehler in der Satzung hat, die den gesamten Dachverband in Gefahr bringen können.

Um zu verhindern, dass der Mantel den Herzog mitreißt, könnte dieser aber einen Nothebel ziehen, ergänzt Buczolich: Wenn sichergestellt wird, dass der mangelhafte Verein zumindest für die Dauer des Fehlers vom Fördertopf abgeschnitten wird, hat seine Sanierung etwas Zeit. (loan)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.11.2016)

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