Neue Regeln für riskante Spekulationen

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Strengere Transparenzregeln kommen - samt hohen Strafen bei Verstößen.

Wien. Wertpapiere kaufen auf Pump: Klingt riskant, ist es auch. Trotzdem lassen sich nicht nur professionelle Investoren, sondern auch Privatanleger darauf ein. Rund 50 Prozent jener Leute, die ein Wertpapierdepot haben, haben es wohl schon gemacht, schätzt Alexander Scheuwimmer, Bank- und Finanzrechtsexperte bei DLA Piper. Vor der Finanzkrise war es noch üblicher als jetzt.

Der Kredit, den der Kunde für den Wertpapierankauf aufnimmt, wird dabei meist mit den Papieren besichert. Es handelt sich also um ein Lombardgeschäft. Verboten ist das nicht, EU-Regulatoren beäugen es dennoch mit Skepsis. Nicht so sehr wegen des Anlegerschutzes, mehr Sorgen machen ihnen mögliche Verwerfungen auf dem Finanzmarkt, wenn solche Geschäfte in großem Stil getätigt werden. Im Zuge des Versuchs, das Schattenbankenwesen einzudämmen, will man diese Transaktionen deshalb strenger regulieren. Neben Lombardgeschäften betrifft das auch das Ausleihen von Wertpapieren und Geschäfte, bei denen Papiere übertragen und später wieder rückübereignet werden (Pensionsgeschäfte).

Eine EU-Verordnung darüber gibt es bereits (Securities Finance Transaction Regulation, SFTR), ebenso ein nationales Vollzugsgesetz. Für die delegierten Rechtsakte dazu endet heute, Donnerstag, die Begutachtungsfrist; Anfang 2018 sollen sie in Kraft treten. Vor allem geht es um mehr Transparenz: So müssen solche Geschäfte an ein Transaktionsregister gemeldet werden. Nach dem Letztstand dürfte das freilich Normalverbrauchern nichts bringen – Endkundengeschäfte sollen davon ausgenommen werden.

Zwei weitere Punkte der neuen Vorschrift nützen dagegen auch dem einzelnen Anleger: Investmentfonds, die solche Geschäfte machen, müssen das künftig im Prospekt angeben. Und Banken, die mit Wertpapieren ihrer Kunden spekulieren, müssen die Depotinhaber nicht nur generell darüber aufklären, sondern auch die einzelnen Verwendungen offenlegen. „Ausbuchungen aus dem Konto des Kunden müssen sichtbar gemacht und kommuniziert werden“, sagt Scheuwimmer.

Die Bank hat alle Rechte

Dass depotführende Banken so etwas überhaupt tun, ist vielen Kunden gar nicht bewusst. Dabei enthalten Depotverträge oft eine Klausel, die der Bank alle Rechte an den Papieren überträgt. Geschäfte, die sie damit macht, tun dem Kunden an sich nicht weh, er ist am Ende so zu stellen, als hätten diese nie stattgefunden. Sollte die Bank jedoch pleitegehen, würde er durch die Finger schauen. Ganz ausschalten lässt sich dieses Risiko auch künftig nicht, aber immerhin weiß man über die Verfügungen Bescheid (und kann theoretisch gegensteuern, indem man das Papier verkauft).

Bei Verstößen gegen die neuen Regeln drohen der Bank und den verantwortlichen Managern drakonische Geldstrafen von mehreren Millionen Euro. Strafen dieser Größenordnung kenne man in diesem Bereich bei uns erst seit Kurzem, sagt Scheuwimmer. Zudem muss die Behörde Namen und Straftat veröffentlichen („name and shame“). Auch das ist ungewohnt – obwohl es bereits andere Vorschriften gibt, die das ebenfalls vorsehen. Die Finanzmarktaufsicht (FMA) habe da allerdings einen pragmatischen Zugang, sagt der Anwalt. Anders als die Warnungen vor Betrügern sind diese Meldungen auf der FMA-Homepage nicht prominent platziert, man muss schon gezielt danach suchen. Diese österreichische Lösung sei auf unserem kleinen Finanzmarkt durchaus sinnvoll, meint Scheuwimmer – zumal es auch Ausnahmen von der Veröffentlichungspflicht gibt, etwa, wenn dadurch der Finanzmarkt destabilisiert würde. Faktisch heißt das: Großbanken und ihre Akteure haben bessere Chancen, der namentlichen Nennung zu entgehen, als nicht systemrelevante kleinere. So gesehen ist ein dezenter Umgang mit dem „Pranger“ vielleicht auch gerechter.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.12.2016)

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