Schulderlass bringt Alleinverdienerin um Absetzbetrag

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Frau muss Steuer nachzahlen, weil ihr Partner sich mit seinen Gläubigern einigte.

Wien.Nicht jeder, der faktisch Alleinverdiener ist, hat diesen Status auch vor den Steuerbehörden. Diese Erfahrung machte kürzlich eine Frau aus Kärnten. Weil ihrem Lebensgefährten ein Teil seiner Schulden erlassen worden war, strich ihr das Finanzamt den Alleinverdienerabsetzbetrag. Und zwar zu Recht, wie der Verwaltungsgerichtshof nun entschied (Ro 2014/15/0034).

Die Frau ist Angestellte, ein Kind lebt im gemeinsamen Haushalt. Ihr Lebensgefährte schlitterte mit seiner Firma in die Insolvenz. Er einigte sich mit seinen Gläubigern auf einen Zahlungsplan mit einer Quote von 16 Prozent, 84 Prozent seiner Schulden fielen somit weg. Dadurch entstand für die strittigen Jahre 2010 und 2011 rechnerisch ein Gewinn.

Dass der Mann trotzdem nichts zum Lebensunterhalt beitragen konnte, steht außer Streit. Das Finanzamt kam im Zuge einer Überprüfung dennoch zu dem Schluss, die Frau habe in diesen beiden Jahren keinen Anspruch auf den Alleinverdienerabsetzbetrag gehabt. Ihr Partner habe nämlich Einkünfte erzielt, die über die gesetzliche Grenze von 6000 Euro jährlich hinausgingen.

„Kein disponibler Zufluss“

Die Frau brachte die Sache vor das Bundesfinanzgericht (BFG). Dieses entschied zu ihren Gunsten und hob die neuen Einkommensteuerbescheide des Finanzamtes auf. Es gelte der Grundsatz, dass die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuert werde, argumentierte das Gericht. Der Alleinverdienerabsetzbetrag solle der geminderten Leistungsfähigkeit eines Partners Rechnung tragen, der dem anderenUnterhalt leistet. Gleichzeitig soll er das Existenzminimum des nicht verdienenden Partners steuerfrei stellen. Um zu ermitteln, ob jemandem der Absetzbetrag zusteht, komme es auf den Gesamtbetrag der Einkünfte an. Bei Schuldnachlässen liege aber ein für das Familieneinkommen disponibler Zufluss nicht vor.

Das BFG kam zum Schluss, die Regelung im Einkommensteuergesetz sei „teleologisch zu reduzieren“. Und zwar dahingehend, dass bei der Berechnung der Zuverdienstgrenze nur jene Einkommensteile des Partners einzubeziehen seien, die tatsächlich zur Abgeltung der Lebenserhaltungskosten zur Verfügung stehen. Für bestimmte andere Einkünfte des Partners – nämlich die meisten steuerfreien – sei nämlich gesetzlich sogar ausdrücklich vorgesehen, dass sie für die Zuverdienstgrenze unberücksichtigt bleiben. Bei verfassungskonformer Auslegung müsse das umso mehr für Einkünfte gelten, die nur auf dem Papier entstehen und zu keinen Zuflüssen führen, argumentierte das BFG sinngemäß.

Cashflow nicht entscheidend

Der VwGH teilte diese Ansicht nicht – er sah hier schlicht keinen Raum für eine „teleologische Reduktion“ des Gesetzeswortlauts. „Der betrieblich bedingte Wegfall einer Verbindlichkeit infolge eines Schulderlasses führt zu einer Betriebsvermögensvermehrung und wirkt somit gewinnerhöhend“, heißt es in der Entscheidung. Auf das Vorliegen von Geldströmen komme es nicht an. Das Vorgehen des BFG laufe auf eine Art Cashflow-Rechnung hinaus. Dass eine solche Auslegung dem gesetzgeberischen Plan entsprechen sollte, sei jedoch „nicht zu erkennen und auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht geboten“.

Fazit: Es kommt laut Gesetz eben doch auf die Papierform an und nicht auf tatsächliche Zuflüsse in die Haushaltskasse. Aber wie konnten in einem Insolvenzszenario überhaupt steuerwirksame „Einkünfte“ entstehen? Ein Schuldennachlass wirke wie ein Erlös, erklärt Steuerberater Dieter Pock von TPA, „und Sanierungsgewinne sind Einkünfte“. Dass sie als Zuverdienst zählen, hat das Höchstgericht nun klargestellt – für den alleinverdienenden Partner sind sie daher steuerlich schädlich. Auch wenn das aus dessen Sicht noch so unbefriedigend ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.12.2016)

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