Jobverlust durch den Sachwalter

Ob der Sachwalter auch wirklich die Interessen der besachwalterten Person vertritt und ihr Vermögen optimal verwaltet, scheint nicht immer sicher zu sein.
Ob der Sachwalter auch wirklich die Interessen der besachwalterten Person vertritt und ihr Vermögen optimal verwaltet, scheint nicht immer sicher zu sein.Illustration: Marin Goleminov
  • Drucken

Sachwalterschaften sind heikel, besonders dann, wenn dem Besachwalteten ein Unternehmen gehört. Ein Beispiel.

Wien.Das seit 30 Jahren geltende Sachwalterschaftsrecht ist bald Geschichte. Am Dienstag passierte das neue Erwachsenenschutzgesetz den Ministerrat. Die Neuregelung sei ganz wesentlich, zumal die Kritik an dem bisherigen System berechtigt gewesen sei, sagte Justizminister Wolfgang Brandstetter aus diesem Anlass. Zentral ist künftig, dass die Autonomie und die Bedürfnisse des Betroffenen wesentlich länger aufrechterhalten bleiben. Maßgeschneiderte, punktuelle Unterstützung soll es künftig geben und die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters erst das letzte Mittel darstellen.

Frau H. hätte die notwendige Neuregelung schon viel früher herbeigesehnt. Sie kann mit dem Sachwalter ihres Mannes nur mehr über ihre Rechtsanwältin kommunizieren. Das kam so: Ihr Mann war Wirtschaftsprüfer. Seit 1994 arbeitete seine Frau ebenfalls in dem Familienunternehmen. Dort hatte sie eine Schlüsselfunktion und wichtige Aufgaben zu erfüllen, sagt ihre Anwältin, Katharina Körber. Insbesondere sei sie für die Mandantenakquise, Lohnverrechnung, Honorarabrechnung und Klientenbetreuung verantwortlich gewesen.

Honorar „extrem überhöht“

Das Unternehmen, dem auch weitere Steuerberater bzw. Wirtschaftsprüfer angehören, lief gut. Doch dann zeigte sich, dass ihr Mann an fortschreitender Demenz litt. Die Erkrankung machte es notwendig, den Wirtschaftsprüfer zu besachwaltern. Das geschah 2011. Im März 2016 kam es auf Anordnung des Gerichts zu einem Wechsel der Sachwalter. Die Richterin bestellte einen Wiener Rechtsanwalt. Anfänglich war das Verhältnis zwischen der Ehefrau und dem neuen Sachwalter ihres Mannes neutral, sagt Körber: „Um ein hohes Honorar zu vermeiden, vereinbarte meine Klientin mit ihm, sich die Vermögensverwaltung aufzuteilen. Dementsprechend verhielt sich der Sachwalter passiv.“ Das Verhältnis verschlechterte sich jedoch schlagartig, als die Ehefrau des Betroffenen die erste Honorarabrechnung des neuen Sachwalters zu Gesicht bekam. Nachdem sie seine Forderung von 76.000 Euro als extrem überhöht empfand, regte sie bei Gericht seine Enthebung an. „Und wenige Tage, nachdem meine Mandantin seine Enthebung angeregt hatte, entließ er sie völlig unbegründet. Schon zuvor hatte er ihr die Generalvollmacht aufgekündigt, die ihr Ehemann ihr 2009 ausgestellt hatte. Für ein Gespräch stand er ebenfalls nicht mehr zur Verfügung.“

Wohlgemerkt, bei der Wirtschaftsprüfungskanzlei handelt es sich um eine GmbH. Deshalb können nur die Geschäftsführer eine Entlassung aussprechen, nicht aber der Sachwalter des Alleingesellschafters. „Der Sachwalter wusste das freilich und berief die beiden lang gedienten Geschäftsführer ab. Sie wären nämlich niemals bereit gewesen, sich von meiner Klientin zu trennen“, sagt Körber. „Dann setzte er als neuen Geschäftsführer einen Steuerberater ein, der – wie es der Zufall so will – auch Steuerberater seiner Rechtsanwaltskanzlei ist. Kaum Geschäftsführer, bestätigt dieser die Entlassung.“

Seit 10. 1. 2017 findet sich nun nur mehr dieser Steuerberater als einziger Geschäftsführer im Firmenbuch. Für Körber ist klar, weshalb der Sachwalter ihre Klientin entlassen hat. Es sei der Versuch, sich an der Frau zu rächen, weil sie seinen treulosen Umgang mit dem Vermögen ihres Mannes nicht hingenommen, sondern sich dagegen aufgelehnt habe.

Gericht hält an Sachwalter fest

Körber ist sicher, dass die Entlassung vor dem Arbeits- und Sozialgericht nicht halten wird. Die Vorwürfe des Sachwalters, ihre Mandantin hätte personalrelevante Entscheidungen ohne Genehmigung getroffen, nur drei bis vier Stunden am Tag gearbeitet und überdies ihr Gehalt selbst festgelegt, träfen zum einen nicht zu und seien zum anderen auch kein Grund für eine Entlassung.

Die Anregung der Ehefrau auf Enthebung des Sachwalters erfolgte im November, sie wurde vom Pflegschaftsgericht abgelehnt. Unter anderem mit der Begründung, „dass einige Vorgänge, die im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften, die die Ehegattin des Betroffenen vorgenommen hat, aufklärungsbedürftig sind“. Überdies war das Gericht nicht überzeugt, dass der Sachwalter „Vergeltungs- und Einschüchterungsaktionen gegen die Ehegattin setzen würde“.

„Ein Sachwalter ist dazu da, die Interessen des Besachwalterten zu vertreten und dessen Vermögen bestmöglich zu verwalten. Stattdessen schädigt dieser Sachwalter die GmbH in unvertretbarer Weise und plant nunmehr sogar, diese an eine große, völlig unpersönliche Wirtschaftsprüfergesellschaft zu verkaufen? Nie und nimmer hätte Herr H., der Ehemann meiner Klientin, gewollt, dass sein Unternehmen verkauft würde oder dass seine Frau, mit der er zwei Söhne hat, entlassen wird“, sagt Körber. Sie hat kürzlich eine neue Anregung zur Enthebung des Sachwalters eingebracht.

Doch was sagt der Sachverwalter zu all den Vorwürfen? Er könne dazu nicht Stellung nehmen, denn als Sachverwalter sei er gesetzlich zu Verschwiegenheit verpflichtet, sagt er zur „Presse“. Nur: „Ich habe meine Arbeit genau nach gesetzlichen Grundlagen gemacht und mache das auch jetzt.“ Überdies sei er gerade dabei, gegen Frau H. eine Strafanzeige wegen Kreditschädigung und Verleumdung bei Gericht einzubringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2017)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.