Wenn eine Firma 47 Chefs hat

Symbolbild Skikurs
Symbolbild Skikurs(c) Clemens Fabry
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Auch wer der Papierform nach Mitgeschäftsführer ist, kann ASVG-pflichtig sein.

Wien. Ist man Gesellschafter einer Offenen Gesellschaft (OG), gilt man im Normalfall als Gewerbetreibender. Es gibt aber auch Ausnahmen – etwa, wenn eine Vereinbarung besteht, dass man von der Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft ausgeschlossen ist. Dann kann man als Dienstnehmer der Gesellschaft gelten und ASVG-versicherungspflichtig sein.

So klar ist die Sache jedoch nicht immer. Es kann auch sein, dass im Gesellschaftsvertrag etwas anderes steht, als tatsächlich gelebt wird. Mit einem solchen Fall musste sich kürzlich der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) befassen. Es ging um eine Skischule in Tirol, an der alle Skilehrer als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt waren (Ra 2016/08/0011 bis 0024). Im Gesellschaftsvertrag war auch die Teilnahme aller an der Geschäftsführung vorgesehen. Dessen ungeachtet gab es jedoch einen „Skischulleiter und Geschäftsführer“, der den Betrieb faktisch leitete und die Vertretung nach außen wahrnahm.

Strafen für Zuspätkommen

Nach den gesetzlichen Vorschriften für Skischulen müsse es jemanden geben, der die Skischule persönlich leitet, die Skilehrer beaufsichtigt, eine Betriebsordnung erstellt und für einen Unterricht nach anerkannten Standards sorgt, hielt der VwGH dazu fest. Eine effektive Geschäftsführung durch 47Gesellschafter sei außerdem faktisch gar nicht möglich.

Zwar gab es diverse Ausschüsse, in denen die Gesellschafter saßen. Aber auch das habe ihnen keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung verschafft, konstatierte das Höchstgericht. Wohl aber habe eine persönliche Arbeitspflicht bestanden: Zwar konnten alle zu Saisonbeginn bekannt geben, an welchen Tagen sie als Skilehrer zur Verfügung standen. An diesen Tagen wurden sie aber für Kurse eingeteilt, und sogar schon für ein Zuspätkommen drohten Strafen. Sie durften sich auch nicht uneingeschränkt, sondern nur durch andere Gesellschafter vertreten lassen.

Alles in allem hätten somit die Merkmale persönlicher Abhängigkeit überwogen, es bestehe daher Sozialversicherungspflicht nach ASVG, entschied das Höchstgericht. Fazit: Im Zweifel zählt nicht die Papierform, sondern die faktische Tätigkeit. (cka)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.01.2017)

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