„Konzerne nicht fördern, aber auch nicht beschädigen“

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Claus Staringer, Steuerberater und Professor an der WU Wien, zeigt in Gutachten Vorzüge und Mängel des Konzernsteuerrechts auf.

Wien. Es gibt kaum eine Steuerreform, bei der die Konzernbesteuerung nicht zumindest diskutiert und die Gruppenbesteuerung als Privileg der Konzerne angeprangert wird. Auch das heurige Sparpaket ist nicht ohne eine – von der SPÖ geforderte – Einschränkung des grenzüberschreitenden Verlustausgleichs ausgekommen. Claus Staringer, Steuerberater und Professor an der WU Wien, will den Rechtsbereich aus der ideologischen Kampfzone holen und seinen Ruf verbessern: Es gehe „darum, die soziale Akzeptanz des Konzernsteuerrechts in der Rechtsgemeinschaft zu erhöhen“, schreibt Staringer in seinem Gutachten für den 18. Österreichischen Juristentag, der diese Woche in Linz stattfindet.

Wenn man – mit der Betriebswirtschaftslehre der vergangenen hundert Jahre – davon ausgeht, dass es ökonomisch sinnvoll sein kann, Unternehmen in mehreren verschiedenen Rechtsträgern zu organisieren, liegen die Anforderungen ans Konzernsteuerrecht auf der Hand: Die Unternehmen sollen sich so organisieren können, wie sie es – für ihre Märkte, Geschäftsfelder oder Produkte – für gut halten; das Steuerrecht soll sie dabei weder fördern noch beschädigen, so Staringer.

Mit der Gruppenbesteuerung, die einen Gewinn- und Verlustausgleich zwischen den Teilen des Konzerns erlaubt, und der weitgehenden Steuerfreiheit für Dividenden auf Beteiligungen im Konzern sei man schon weit vorangekommen auf diesem Weg, „aber man ist noch auf dem Weg“. Noch nicht erreicht ist die Steuerneutralität von Veräußerungsgewinnen und -verlusten im Konzern: Verkauft eine österreichische Mutter eine österreichische Tochter und erzielt sie dabei einen Gewinn, so ist der voll steuerpflichtig. „Das ist eine echte Systemschwäche“, sagt Staringer zur „Presse“. Der Wert eines Unternehmens ist ja nichts anderes als eine zukünftige Gewinnerwartung, seine Realisierung ein vorweggenommener Bezug von Dividenden.

In den Anfangszeiten der Konzernbesteuerung, in den 1970er- Jahren, hat der Gesetzgeber Auslandsinvestitionen steuerlich gezielt gefördert. Verluste aus der Veräußerung ausländischer Beteiligungen konnten in Österreich steuermindernd geltend gemacht werden, Gewinne waren steuerbefreit (Staringer: „Das Beste aus beiden Welten.“). Bis die OECD und die EU dies als unzulässigen Steuerwettbewerb untersagten.

Seit 2003 müssen Unternehmen mit Auslandsbeteiligungen die Wahl treffen: Gewinne und Verluste sind entweder gleichermaßen steuerwirksam oder gleichermaßen steuerunwirksam. Der Haken an der Sache: Die Entscheidung muss im Jahr der Gründung oder des Erwerbs fallen; unter Umständen sind daher extrem langfristige Prognosen nötig, und die kann niemand treffen.

Großzügiger als der EuGH

Und was hält Staringer davon, dass die Gruppenbesteuerung über die Grenze hinweg 2004 konzernfreundlicher geregelt wurde, als der EuGH dann für nötig halten sollte? Während der nämlich Auslandsverluste nur dann zwingend für verwertbar hält, wenn sie im Ausland definitiv nicht mehr verwertet werden können (infolge Liquidation der Tochter), können die Verluste nach österreichischem Recht sofort gewinnmindernd abgezogen werden (freilich bei drohender Nachversteuerung, wenn sich die Lage wendet). „Ökonomisch ist unser System besser den Bedürfnissen des Unternehmens angepasst“, sagt Staringer. Es brauche den Verlustausgleich ja gerade dann, wenn der Verlust verkraftet werden müsse.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.05.2012)

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