0 statt 280.560 €: Gebühr für simple Einigung gekippt

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VwGH stellt klar: Ohne strittige Rechtsverhältnisse gibt es keinen gebührenpflichtigen Vergleich.

Wien. Der tiefere Sinn der Vergleichsgebühr erscheint vielen rätselhaft: Warum kassiert der Staat, wenn zwei streitende Parteien wechselweise nachgeben und sich einigen? Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat in einer aktuellen Entscheidung zwar keine Antwort auf diese Frage gegeben – er musste sie auch gar nicht suchen; er hat aber klargestellt, wann die Gebühr schon nach dem Gesetz keinesfalls am Platz ist: wenn ein zweifelsfrei bestehendes Recht einvernehmlich abgeändert werden soll. Für eine einvernehmliche Auflösung und Räumung zahlt eine Vermieterin nun statt 280.560 genau null Euro.

Besagte Vermieterin wollte das Objekt, in dem ein Restaurant betrieben wurde, großflächig neu gestalten und vereinbarte mit dem Mieter die Auflösung. Sie zahlte ihm eine Ablöse und sicherte zu, für jeden Monat, um den ein vereinbartes Ersatzobjekt verspätet zur Verfügung stehen würde, zusätzlich Schadenersatz zu leisten. Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Wien, dem der Vertrag wohl bloß zur Sicherheit vorgelegt wurde, sah darin wider Erwarten einen Vergleich und setzte anhand der zugesagten Leistungen die stattliche Gebühr fest. Der Einwand der Vermieterin, dass in diesem Fall keinerlei Streit bestanden hätte und daher für ein wechselseitiges Nachgeben, wie es für einen Vergleich typisch ist, kein Raum bestand, blieb auch beim Unabhängigen Finanzsenat (UFS) unerhört: Der errechnete bloß die Gebühr neu mit 41.160 Euro.

Erst der VwGH bestätigte die Ansicht der Vermieterin: Ein Vergleich liege vor, wenn die Parteien streitige oder zweifelhafte Rechte durch gegenseitiges Nachgeben beseitigen, indem sie eine neue, eindeutige Verbindlichkeit festsetzen. Diese Voraussetzung sei im Beschwerdefall nicht gegeben (2011/16/0122).

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2012)

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