Säugetierknochen deuten auf warmes Dinoblut

Saeugetierknochen deuten warmes Dinoblut
Saeugetierknochen deuten warmes Dinoblut(c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Ob Saurier zu raschen Bewegungen fähig waren, hängt vor allem davon ab, ob ihr Körper warmes Blut hatte. Die Feinstrukturen zeigen, dass ihre Knochen so wuchsen wie die von Wiederkäuern.

Wenn im „Jurassic Park“ die Velociraptoren fast so herumrasen wie Tiger und Löwen, dann freut das die Filmbetrachter. Aber ob Saurier überhaupt zu raschen Bewegungen fähig waren, hängt vor allem davon ab, ob ihr Körper warmes Blut hatte und auf hohen Stoffwechselraten laufen konnte. Das ist eine alte Streitfrage, schließlich waren die Saurier Reptilien, und deren heutige Vertreter wärmen sich nicht selbst („endotherm“), sondern lassen das von der Umwelt tun („exotherm“). Die steuert auch das Wachstum, etwa das der Knochen, in kühleren und/oder trockeneren Perioden wird es eingestellt, es ist ganz ähnlich wie bei Bäumen und es zeigt sich auch wie bei ihnen in Jahresringen: Viele Amphibien, Reptilien und Fische haben in ihren Knochen „lines of arrested growth“ (LAGs).

Alle haben Jahresringe

Und Dinosaurier hatten sie auch, das war eines der stärksten Argumente dafür, dass ihr Blut kalt war. Allerdings beruhte es auf der Überzeugung, dass die Knochen warmblütiger Tiere ganz anders wachsen, immer gleich, ohne Jahresgang, schließlich wird der Körper auch in kühleren Zeiten auf Temperatur gehalten. Diese Gewissheit saß so fest, dass niemand sie überprüfte. Jetzt hat es Meike Köhler (Barcelona) nachgeholt: Sie hat Knochen von hundert Wiederkäuerarten analysiert, von Rentieren im Norden bis zu Giraffen am Äquator, auch Hirsche aus der Wiener Gegend waren dabei: Alle hatten LAGs (Nature, 27. 6.).

„Die LAGs der Saurier können also nicht als Argument für die behauptete Exothermie benutzt werden“, schließt Köhler. Kevin Padian (Berkeley) geht noch einen Schritt weiter und empfiehlt, die alte starre Dichotomie „endotherm“ vs „exotherm“ aufzugeben bzw. aufzuweichen und stattdessen in Übergängen zu denken, bei denen die Umwelt mitformt, bei den Wiederkäuern etwa dadurch, dass auch sie in den periodischen Trockenzeiten das Knochenwachstum herunterfahren.  jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.06.2012)

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