Auch Affen machen einander gerne Geschenke

(c) Emory University
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Kapuzineräffchen praktizieren „reziproken Altruismus“, allerdings ohne jede Berechnung.

Wer etwas geschenkt bekommt oder wem etwas Gutes getan oder Beistand geleistet wird, der revanchiert sich bei der nächsten Gelegenheit, es ist halb Verpflichtung, halb Berechnung, es verschafft zudem dem Schenkenden ein Wohlgefühl. Geben macht selig, das zeigen auch bildgebende Verfahren: Beim Schenken wird im Gehirn die Region aktiv, die sonst beim Beschenktwerden aktiv wird.

Aber Schenken es ist auch eine Anstrengung, eine (Gegen-)Gabe muss gut gewählt sein, im richtigen Verhältnis zum erhaltenen Geschenk stehen, dann gehört es zum „reziproken Altruismus“, der als Kern jeder Kooperation gilt und von manchen Anthropologen nur dem Menschen zugesprochen wird.  Etwa von Michael Tomasello, Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie, Leipzig, für den der Mensch „einzigartige Formen von Altruismus, Kooperation und Norm der Fairness“ hat: Zwar helfen auch Tiere einander mit Taten, aber Gaben lassen sie einander nicht zuteil werden. Das zeigte sich etwa an Schimpansen, aus freien Stücken verschenken sie nichts (im Labor, was sie in der freien Natur tun, ist weniger klar).

Aber das kann auch am Design der Experimente liegen, darauf weist wieder und wieder Frans de Waal (Emory) hin, der große Widersacher Tomasellos, der zwischen Affen und Menschen keine grundlegende Differenz sieht, sondern fließende Übergänge, bei denen unsere Ahnen aufgenommen und weiterentwickelt haben, wofür die älteren Verwandten in der Evolution vorgearbeitet haben. Die älteren Verwandten sind in diesem Fall Kapuzineräffchen, die sind gesellig, sie kooperieren auch. Und sie geben, ohne sich etwas dabei zu denken. Damit legen sie die Grundlage für den „reziproken Altruismus“: In seinem jüngsten Experiment hat de Waal je zwei Äffchen in Käfige nebeneinander gesetzt, die Wände waren durchsichtig und vorn konnten die Äffchen mit einer Hand herausgreifen.

Leckerbissen als Gabe auch für Fremde

Und wählen: Die Forscher boten einem  Äffchen zwei Plastikgegenstände mit gleicher Form, aber anderen Farben an, einer war grün, einer rot. Dann erbaten sie das gewählte Objekt zurück und revanchierten sich: Für ein grünes Objekt gab es ein Stück Apfel, für ein rotes auch, aber diesmal zudem eines für den Affen im Nebenkäfig. Die Äffchen wählten häufig rot, sie gaben freigiebig, auch dann, wenn sie sahen, dass der andere etwas viel Besseres bekam, ein Traube. Das taten sie aus freien Stücken: Wenn einer mehrfach hintereinander die Wahl hatte, gab er immer wieder. Und wenn sie sich beim Wählen abwechselten, nahmen sie keine Rücksicht auf schlechte Erfahrungen, sie gaben auch, wenn sie nichts erhalten hatten.

Eine Wirkung hatte das abwechselnde Wählen aber doch, es verstärkte den Effekt. Und zwar auch gegenüber Nichtverwandten (Pnas, 3. 9.). „Die Äffchen mögen, so wie Menschen, die Vorzüge der Reziprozität verstanden haben“, schließt de Waal, „und dass sie auch mit Fremden kooperieren, hat Konsequenzen für die allgemein geltende Meinung, dass nur Menschen das tun.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.09.2012)

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