Giant Impact: Woher kommt der Mond?

(c) NASA/JPL-Caltech
  • Drucken

Es gibt neue Indizien für die These, der Mond sei vor etwa 4,53 Milliarden Jahren aus der Erde geschlagen worden. Zugleich zeigt sich, dass er viel Wasser hat. Es kommt vom Sonnenwind.

Er ging nicht immer so stille, der gute Mond, bei seiner Geburt vor etwa 4,53 Milliarden Jahren war die Hölle los: Ein marsgroßer Himmelskörper – „Theia“, so hieß die Mutter der Mondgöttin Selene – raste in die erst 30 bis 60 Millionen Jahre alte Erde und schlug das Material aus ihr heraus, das sich dann mit dem der pulverisierten Theia zum Mond zusammenfand.

So stellt man sich zumindest die Entstehung des Trabanten vor. Diese Hypothese vom „Giant Impact“ hat sich gegen die Konkurrenten durchgesetzt, es gab deren drei: Eine war, der Mond sei zeitgleich mit der Erde und aus dem gleichen Material entstanden wie sie. Aber das kann nicht sein, der Mond hat sehr viel weniger Eisen als die Erde, das zeigten von den Apollo-Missionen mitgebrachte Gesteine. Die warfen auch die zweite Hypothese aus dem Rennen, die darauf setzte, der Mond sei von weit her gekommen und „eingefangen“ worden. Aber dazu ist er der Erde viel zu ähnlich, die Sauerstoffisotope etwa sind ganz gleich verteilt.

Beides, Identität und Differenz, hätte die dritte Hypothese erklären können, sie stammt vom Physiker George Darwin, einem Sohn von Charles. Er nahm an, dass die Erde einst so rasch rotierte, dass sie das Material des Mondes aus ihrer Kruste herausschleuderte. Das passt zum Unterschied beim Eisen – es sitzt in der Erde vor allem im Kern, nicht in der Kruste –, hat aber das Problem, dass es keinen bekannten Mechanismus gibt, der die rasend rotierende Erde auf ihre heutige Geschwindigkeit hätte bremsen können.

Also: „Giant Impact“, in einem stumpfen Winkel, sodass Material nur aus der Erdkruste geschlagen wurde, nicht aus dem Kern. Aber auch diese Hypothese hat ihre Tücken: Ihr zufolge stammen 60 Prozent des Mondes von Theia. Und das kann eben nicht sein, die identischen Sauerstoffisotope sprechen dagegen (es wäre schon ein übergroßes Wunder, wenn Theia exakt so zusammengesetzt gewesen wäre wie die Erde). Deshalb hat Matija ?uk (Harvard) in einer neuen Simulation fast alles verändert: Sie nahm einen einschlagenden Körper an, der fast so groß war wie die Erde, und ließ die Erde zudem viel rascher rotieren. Das bringt eine bessere Übereinstimmung mit der chemischen Komposition von Erde und Mond als bisher, aber in diesem Szenario muss – wie in dem Darwins – die Erde später irgendwie gebremst werden, laut ?uk hätten Mond und Sonne mit ihren vereinten Gezeitenkräften das tun können (Science 17. 10.).

Wie auch immer, bevor Teile der glutheißen Impakt-Wolke sich zum Mond verdichteten, entwichen andere Teile – die flüchtigeren – ins All. Deshalb hatte der neu geborene Mond unter anderem kein Wasser, zumindest in der Theorie. Und in der Praxis? An Mondgestein müsste es sich klären lassen, aber altes Wasser ist dort gar nicht so einfach zu messen. Deshalb behalf sich Randal Paniello (Washington University) mit einem anderen flüchtigen Element: Zink. Zink, flüchtig? In der Kosmochemie ist alles „flüchtig“, was unter 1000 Grad gasförmig wird. Das tut Zink. Und sein Gehalt – bzw. der seiner Isotopen – im Mondgestein zeigt, dass dort am Anfang kaum Zink war, und damit auch kein Wasser. Im Umkehrschluss heißt das, dass der Mond wirklich durch einen Impakt entstand, es ist der erste Beleg für die Hypothese (Nature, 460, S. 376).

Wasserstoff von der Sonne

Allerdings war der Mond nur am Anfang staubtrocken, heute hat er Wasser, allerorten, zuerst entdeckte man es in lichtlosen – von der Sonne nie gewärmten – Schlünden an den Polen. Dieses Wasser kam wohl mit Himmelskörpern von weit draußen im All, auf diesem Weg kam auch viel zur Erde, es war die bisher einzige bekannte Art des Wassertransports im All. Aber dann fand man Wasser überall in Mondgestein, und zwar auch in dem in vollem Licht. Die Sonne ließ es nicht etwa verdunsten und ins All verschwinden – im Gegenteil, von ihr kommt das Wasser.
Natürlich nicht mit dem Licht, aber mit dem Wind: 10 hoch 9 Kilo Material verliert die Sonne pro Sekunde, vor allem von Wasserstoffionen (Protonen), sie machen den Sonnenwind. Der bombardiert den Mond mit 450 Kilometer pro Sekunde, das bringt die Ionen 50 bis 100 Nanometer in den Mondstaub (Regolith). Der enthält Sauerstoff, mit ihm verbindet sich der Wasserstoff zu Wasser und Hydroxyl (OH).

Und das hat Lang Yiu (University of Tennessee) nun auch tief in Mondgestein gefunden, in Regolith, der durch Meteoreinschläge erst schmolz und dann Glas wurde. Dabei wanderte das Hydroxyl nach innen, immerhin einige hundertstel Prozent (Nature Geoscience, 14. 10.). Heraus kommt es nicht mehr, nutzen könnte man es nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2012)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.