Stammzellen: Dreister Fälschungsversuch in Japan hielt nur kurz

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Der japanische Forscher Hisahi Moriguchi erklärte: „Ich gebe zu, dass ich gelogen habe.“

Am 9. Oktober erhielt der Japaner Shinya Yamanaka den Medizinnobelpreis für seine Verjüngung von Zellen zu Stammzellen – induzierten pluripotenten Zellen (iPS) –, aus denen man einmal differenzierte Zellen zum Transplantieren gewinnen will. Zwei Tage später war es so weit: Die japanische Tageszeitung „Yomiuri Shimbun“ – die größte Zeitung der Welt – machte in dicken Lettern auf, einem Landsmann von Yamanaka, Hisahi Moriguchi, sei es gelungen, mit Herzzellen aus  iPS sechs Herzkranken zu helfen. Es klang perfekt, zu perfekt, jeder halbwegs Kundige weiß, dass es noch dauern wird mit den iPS. Und alle ganz Kundigen – Forscher, die selbst mit Stammzellen zu tun haben – fürchten nichts mehr als einen Kollaps des ganzen Felds durch ein unzeitiges Vorpreschen mit Misserfolg.

Deshalb alarmierten einige Forscher die Zeitschrift Nature, die sah sich Moriguchis Publikationen an und die darin aufgeführten Referenzen auch: Der Mann hatte angeblich in Harvard und am Massachusetts General Hospital gearbeitet bzw. iPS entwickeln lassen. Aber beide winkten ab; der Mann hatte auch keine wissenschaftliche Ausbildung, er war nicht Arzt, sondern Krankenpfleger; und seine Publikationen wimmelten von Plagiaten, eine Arbeit über Herzzellen gab es zudem nicht. Nature stellte Moriguchi zur Rede, der Druck aus der Wissenschaft stieg auch, zwei Tage hielt Moriguchi stand, dann gab er eine Pressekonferenz: „Ich gebe zu, dass ich gelogen habe, meine Karriere als Forscher ist wahrscheinlich vorbei.“ (Naturenews, 16. 10.)

Da dürfte sie sein, und alle rätseln über die Motive, und alle fürchten den Nächsten, der vorprescht, bevor iPS bzw. Zellen daraus an Menschen dürfen. Nach derzeitigem Stand soll es in einem Jahr beginnen, wieder in Japan, mit Zellen der Netzhaut. jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.10.2012)

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