Ein Elefant spricht mit menschlicher Stimme

(c) Kognitionsbiologie Uni Wien
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Wiener Forscher erkunden ein Wundertier in Südkorea. Der Elefant beherrscht fünf koreanische Wörter und spricht laut und vernehmlich.

„Annyong“ („hallo“) und „choah“ (gut), sagt der Elefant „Koshik“ in einem Zoo in Südkorea gern zu seinen Pflegern, und er sagt es wie ein Mensch, in der Stimmlage wie im Timbre. Damit reiht er sich ein in eine Vielzahl von Tieren, die mit Menschen plaudern – vorsichtiger: irgendwie kommunizieren –, am bekanntesten sind die Vögel, und unter ihnen die Papageien, und unter ihnen der Star der Stars, „Alex“, ein Graupapagei, der über einen reichen Wortschatz verfügte und eigenständige Sätze bilden konnte, etwa „Alex want sleep“.

Er war die Ausnahme, die anderen Vögel plappern wohl wirklich nur nach, was sie hören, und sie tun sich leicht: Sie kommunizieren untereinander mit Gesang, und das Singen und das Sprechen haben gemeinsame Wurzeln, das vermutete schon Darwin, heute baut es etwa Tecumseh Fitch am Department für Kognitionsbiologie der Uni Wien aus. Aber andere singen nicht und reden doch, berühmt wurde etwa „Hoover“, eine Robbe, die in Maine von einem bisweilen betrunkenen Fischer aufgezogen wurde und den bald anlallte „Hey, hey you, get outta there“. Auch ein Belugawal hat es zu Ruhm gebracht, er lebt in einem US-Aquarium und fordert bisweilen Taucher auf, das Wasser zu verlassen.

Kein Sprachverständnis, aber Sprechgabe

Erstaunlicherweise sind das alles Tiere, denen man ein Verständnis der Sprache – Grammatik und Semantik – nicht zutraut, während andere, die darüber verfügen – Menschenaffen, manche haben in Gefangenschaft Zeichensprachen erlernen –, nicht sprechen können. Offenbar liegt es daran, dass ihr Kehlkopf ein wenig anders sitzt und ihr Vokaltrakt ein wenig anders gebaut ist als unserer. Aber der von Elefanten hat mit unserem schon überhaupt nichts zu tun, er ist viel größer und auf tiefe Töne eingerichtet. Und doch kommen immer wieder Berichte von sprechenden Elefanten, in einem Zoo in Kasachstan etwa soll einer gleich auf Russisch und Kasachisch parliert haben.

Aber das waren eher Anekdoten. Koshik hingegen – er beherrscht fünf koreanische Wörter – spricht wirklich laut und vernehmlich, die Wiener Elefantenexpertin Angela Stöger hat sich mit Fitch zusammengetan und es dokumentiert: Sie hat das Reden des Elefanten auf Tonband aufgenommen und das Band dann Koreanern vorgespielt. Die verstanden, was der Elefant sprach (Current Biology, 1. 11.). Wie macht Koshik das, und warum? Er macht es, indem er den Rüssel in sein Maul steckt und so seine Töne hin zu menschlichen moduliert. Und er macht es vermutlich nicht, um irgendetwas auszudrücken – dass er weiß, was er sagt, trauen ihm die Forscher nicht zu –, sondern um Gesellschaft zu haben: Koshik lebte lange als einziger Elefant im Zoo, er hatte nur Menschen als potenzielle Partner.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 02.11.2012)

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