Uganda: Mütter mit Eigenheim gebären mehr Söhne

(c) EPA (Kim Ludbrook)
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Wiener Forscher bestätigten: Ökonomische Bedingungen beeinflussen die Geschlechterverteilung. Sie analysierten Geburtendaten von 438.640 Frauen in Uganda.

Das Geschlechterverhältnis bei Menschen beträgt nicht 1:1. Auch nicht bei der Geburt: Weltweit kommen auf 100 neugeborene Mädchen 107 Buben. Dieses Verhältnis ist aber durchaus nicht immer konstant, es hängt von sozialen und ökonomischen Faktoren ab. So kommen in schlechten Zeiten mehr Mädchen zur Welt. Und mächtige und reiche Männer (z. B. US-Präsidenten) zeugen im Durchschnitt mehr Söhne. Ähnliches gilt für viele Tierarten.

Die Biologen haben dafür eine Erklärung, das Trivers-Willard-Modell. Es beruht auf einer grundlegenden Asymmetrie der Geschlechter. Unter Männchen ist die sexuelle Selektion größer, salopp ausgedrückt: Weibchen sind wählerischer. Das liegt daran, dass sie mehr in die Kinder investieren, sie können ihren Nachwuchs nicht dem anderen Elternteil „anhängen“, daher ist die Partnerwahl für sie wichtiger.

Auch Monogamie ist ein Faktor

So ist auch der Fortpflanzungserfolg, wie die Biologen das nennen, beim weiblichen Geschlecht gleichmäßiger verteilt als beim männlichen. Dort gilt tendenziell: Erfolgreiche, Dominante zeugen viele Kinder, Erfolglose meist gar keine. Darum ist es für Weibchen, die gerade viel in ihre Kinder investieren können, günstiger, Söhne zu bekommen; in schlechten Zeiten setzen sie besser auf Töchter. Wie diese – natürlich unbewusste – Entscheidung funktioniert, ist noch nicht geklärt, vielleicht über Stressfaktoren. Aber es gibt immer mehr Studien, die belegen, dass es auch bei Menschen so ist. Etwa eine neue, in PLoS One (7/12) publizierte Arbeit von Biologen um Bernard Wallner an der Universität Wien.

Sie analysierten Geburtendaten von 438.640 Frauen in Uganda. Und sie konnten zeigen: In einem Eigenheim lebende Frauen gebären um 4,4 Prozent mehr Söhne als Frauen, die kein Zuhause besitzen. Und auch eine monogame Lebensweise erhöht offenbar die Wahrscheinlichkeit, Buben zu bekommen. Er würde sich vergleichbare Studien aus industrialisierten Ländern wünschen, sagte Wallner. Er fragt sich, ob etwa die explodierenden Immobilienpreise das Geschlechterverhältnis bei Neugeborenen beeinflussen.

Ein US-Studie aus Kenia hat vor circa einem halben Jahr ergeben, dass Mütter sogar (unbewusst!) aktive Geschlechterdiskriminierung betreiben: Frauen, die wenig Land und Vieh besitzen, geben ihren Töchtern fettere Milch als ihren Söhnen. Bei reichen Frauen ist es umgekehrt. tk

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2012)

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