Wiener Physiker: Quanten dürfen ohne Kausalität auskommen

Anton Zeilinger
Anton Zeilinger(c) APA (GUENTER R ARTINGER)
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Anton Zeilinger sagt: „In einem gewissen Sinn sind Quantenereignisse unabhängig von Raum und Zeit.“ Man möge die Sicht, dass sich ein Quantenteilchen entweder als Teilchen oder als Welle verhält, aufgeben.

Ein Photon (Lichtteilchen) kann sich wie eine Welle verhalten oder wie ein Teilchen. Wenn es sich wie ein Teilchen verhält, dann muss es sich an einer Weggabelung entscheiden; wenn es sich aber wie eine Welle verhält, dann kann es zwei Wege auf einmal nehmen.

Wer bestimmt, ob sich das Photon wie ein Teilchen oder wie eine Welle verhält? Die Physiker, die es messen. Wann können sie das bestimmen? Vor der Messung – sollte man meinen. Doch der Quantenphysiker John Wheeler schlug schon 1978 ein Gedankenexperiment vor, das zeigt: Man kann diese Entscheidung auch treffen, nachdem das Photon seine Wege respektive seinen Weg durchlaufen hat; „delayed choice“ nennt man das.

Wie so viele Gedankenexperimente haben Physiker um Anton Zeilinger nun auch dieses realisiert: im großen Maßstab, mit Photonen auf La Palma und Teneriffa, die über diese Entfernung (144 Kilometer) miteinander „verschränkt“ sind, das heißt, so stark miteinander verbunden, dass eine Messung an einem Photon auf La Palma sofort das Verhalten des verschränkten Photons auf Teneriffa beeinflusst. „Sofort“ ist wörtlich zu verstehen: „Das bedeutet, dass kein physikalisches Signal zwischen den beiden laufen kann“, erklärt Xia-Song Ma, Erstautor der in Pnas (1.1.) erschienenen Arbeit. Denn ein physikalisches Signal kann ja laut Einstein nicht schneller als mit Lichtgeschwindigkeit laufen.

Man kann auch sagen: Es besteht keine Kausalität zwischen dem einen Ereignis (auf La Palma) und dem anderen (auf Teneriffa). Zeilinger interpretiert das so: Man möge die Sicht, dass sich ein Quantenteilchen entweder als Teilchen oder als Welle verhält, aufgeben, um nicht die Relativitätstheorie zu verletzen. „In einem gewissen Sinn sind Quantenereignisse unabhängig von Raum und Zeit.“ APA/tk

("Die Presse", Print-Ausgabe, 03.01.2013)

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