DNA kommt nicht nur in zwei Strängen, sondern auch in vier

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Zum 60-Jahr-Jubiläum der Entdeckung der Doppelhelix haben Molekularbiologen „Quadruplexe“ gefunden.

„Mir war etwas mulmig, als Francis zum Mittagessen beschwingt in den ,Eagle‘ kam, um jedem in Hörweite zu erzählen, dass wir das Geheimnis des Lebens gefunden hatten.“ So erinnerte sich James Watson in seinem Buch „The Double Helix“ an den 28. Februar 1953, Crick bestätigte es nicht, er war in Watsons Buch nicht eben schmeichelhaft skizziert worden. Aber das Pub gleich gegenüber vom Molekularbiologielabor in Cambridge, in dem die Worte gefallen sein sollen, nahm es dankbar auf, es schenkt ein spezielles DNA-Gedenk-Ale aus, und zum 50. Jahrestag enthüllt Crick persönlich eine Gedenktafel.

Beim kommenden 60. wird das Ale wieder in Strömen fließen, obwohl das Geheimnis des Lebens mit der Doppelhelix noch lange nicht gelöst war, sondern immer neue Überraschungen bereit hielt. Die jüngste kommt, wie bestellt zum Jubiläum, wieder von Molekularbiologen in Cambridge: Eine Gruppe um Shankar Balasubramanian hat in menschlichen Zellen viersträngige DNA-Helices gefunden und sie G-Quadruplex genannt. Mit dieser Idee hatten schon Watson und Crick gespielt, sie vermuteten früh, dass DNA sich aus Helices aufbaut, setzten zunächst aber eher auf drei oder vier Stränge als auf zwei, deshalb wurde es Watson im „Eagle“ mulmig, als Crick die zwei Stränge ausposaunte, die so gesichert noch gar nicht waren.

Gehäuft bei Zellteilung – und bei Krebs?

Das kam dann bald. Aber seit einigen Jahren deutete manches darauf hin, dass es auch vier stabile Stränge geben könnte. Und in ihren Retorten können Chemiker sie synthetisieren. Aber in Zellen, gar in denen des Menschen? Die Forscher haben sie sichtbar gemacht, mit Antikörpern, die an die Quadruplexe binden und mit Fluoreszenz ausgestattet sind. Die leuchtet vor allem an den Enden der Chromosomen – den Telomeren – und in Genen, die mit der Regulation anderer Gene zu tun haben und mit der Replikation, der Verdoppelung von Genen bei der Zellteilung (Nature Chemistry, 29. 1.).

Sie kommen vor allem dort vor, wo eine der vier Nukleinsäuren des Genoms sich häuft – Guanin, daher kommt das „G“ im „G-Quadruplex“ –, und sie leuchten meist dann, wenn sich Chromosomen nach ihrer Verdoppelung teilen. Das ist ein heikler Moment: Wenn die Teilung außer Kontrolle gerät, heißt das Krebs. Deshalb vermutet Balasubramanian, dass die Quadruplexe bei der Entstehung von Tumoren mitspielen – die Zellteilung zu stark vorantreiben – und dass Therapien an ihnen ansetzen könnten. Aber sind sie nur Unfälle, Verknotungen der Doppelhelices beim Zellteilen? „Ob sie eine Funktion haben, ist eine philosophische Frage“, hält sich der Forscher zurück, „aber sie existieren, und die Natur muss mit ihnen umgehen.“  jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.01.2013)

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