Quillt der Jungbrunnen irgendwann doch?

(c) Erwin Wodicka wodicka aon at (Erwin Wodicka)
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Dass wir altern, liegt an dem Stress, dem unsere Zellen zunehmend ausgesetzt sind und dem sie immer weniger entgegenzusetzen haben. Aber nun hat sich ein Gen gefunden, das Abhilfe verspricht: SIRT3.

„...zu dieser Zeit war eine Fabel im Umlauf von der Quelle, die die Alten wieder zu Jünglingen machen würde. Jene Geschichte wurde durch die Indios so bestätigt, dass Hauptmann Juan Ponce mehr als sechs Monate zwischen diesen Inseln herumirrte, um diese Quelle zu suchen.“ Er fand sie nicht, der Konquistador Juan Ponce de León, der als erster Spanier Florida betrat (und der Region der Blumen wegen auch den Namen gab). Immerhin wurde er zum berühmtesten all derer, die dem Jungbrunnen hinterher waren. Als Erster hatte Herodot davon berichtet – bei ihm sprudelte die Quelle in Äthiopien –, später versuchten die Alchemisten ihr Glück, und heute tun es Molekularbiologen.

Anders als ihre Vorgänger sind sie auch schon fündig geworden, zumindest an Versuchstieren, und dort etwa in der Gen- bzw. Proteingruppe der Sirtuine. Die sind vor allem in Mitochondrien aktiv, das sind die Kraftwerke der Zellen, in ihnen wird die Energie der Nahrung in die des Körpers umgewandelt (ATP), das ist riskant, dabei fallen aggressive Moleküle an, freie Radikale, sie bringen den Zellen „oxidativen Stress“. Deshalb müssen sie eingefangen und entschärft werden, unter anderem dafür sorgen Sirtuine. Und daran mag es liegen, dass eine gentechnisch eingebaute Zusatzkopie eines Sirtuins – SIRT2 – das Leben von Würmern und Fliegen verlängerte, und dass SIRT6 bei Mäusen das Gleiche bewirkte.

Freie Radikale fangen und entschärfen

Allerdings sind einige dieser Befunde umstritten, und allesamt haben sie zwar das Altern eingebremst – aber nichts und niemanden verjüngt. Nun kann ein Sirtuin das doch, SIRT3, auch dieses fängt Radikale und verstärkt die Wirkung des Enzyms, das ein Radikal entschärft (Superoxiddismutase), es minimiert zugleich die Produktion der Radikale, indem es den Stoffwechsel umsteuert, weg von Kohlehydraten hin zu Fett.

Mit all dem verjüngt es, Danica Chen (Berkeley) hat es an Mäusen bzw. ihren hämatopoetischen Stammzellen gezeigt. Das sind die Zellen, die immer wieder Blutzellen bilden. Aber mit dem Altern nimmt ihre Leistungsfähigkeit ab, sie bilden weniger Zellen von schlechterer Qualität. Dahinter steht vermutlich eine mit dem Alter abnehmende Aktivität von SIRT3: Wenn man das Gen reaktiviert, dreht sich alles um. Die Stammzellen werden wieder jünger und produktiver (Cell Reports, 31.1.).

Zumindest bei Mäusen, das ist das erste Caveat, so heißt in der Forschung die Mahnung zur Vorsicht: Bei Mäusen ist schon viel gelungen, was bei Menschen dann fehlschlug. Zudem hat sich ein anderes Wundermittel gerade als doppelschneidig erwiesen, Rapamycin, das Produkt eines Bakteriums. Es hat zwar (wieder Mäusen) ein längeres Leben beschert, aber auch ein Leiden: Diabetes.

Das dritte Caveat schließlich trug schon der Chronist de Leóns bei: „Es war schon ein großer Streich gewesen, den sich die Indios erlaubten, als sie die Geschichte berichteten, aber noch größer war die Narrheit der Christen, daran zu glauben und Zeit darauf zu verschwenden, diese Quelle zu suchen.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.02.2013)

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