Biologie: Seit wann Alkohol mundet

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Das Enzym, das Ethanol verarbeitet, wurde vor zehn Millionen Jahren entwickelt. Die meisten Primaten scheuen den Alkohol.

Schätzen schon Elefanten Alkohol und naschen sie deshalb Früchte des Marula-Baums, die am Boden liegen und verrotten, in denen also Hefepilze gerade Zucker zu Alkohol vergären? Nein, das ist nur ein immer wiederkehrendes Gerücht – Elefanten mögen frische Früchte, die am Boden verschmähen sie –, ebenso wie viele andere Geschichten, mit denen der Mensch eine seiner Lieblingsdrogen überall in der Natur am Werk sieht.

In Wahrheit interessieren sich die meisten Primaten nicht für Alkohol, viele scheuen ihn, das haben bisher Beobachtungen gezeigt. Und nun zeigt es auch die synthetische Biologie, die unter anderem rekonstruieren kann, wie Gene bzw. Proteine von Tieren ausgesehen haben, die längst ausgestorben sind. Einer der Spezialisten dieser Zunft ist Steven Benner (Foundation for Applied Molecular Evolution, Gainesville, Florida), er hat die Geschichte eines der Enzyme wieder aufleben lassen, mit denen unsere Körper Ethanol – das ist „der“ Alkohol – verarbeitet: Alkoholhydrogenase4 (ADH4). Dieses Enzym haben andere Primaten auch, aber meist in Varianten, die sehr ineffizient arbeiten. Richtig in Schwung kam es erst vor etwa zehn Millionen Jahren, das hat Benner erkundet, indem er die Varianten in 27 heutigen Primaten analysiert und aus deren Stellung im Stammbaum die Evolution des Enzyms errechnet hat.

Vor zehn Millionen Jahren war es da, bei einem Ahnen von Gorillas, Schimpansen und Menschen. Das hat Benner beim Jahreskongress der weltgrößten Forschervereinigung, AAAS, vorgetragen und es damit in Zusammenhang gebracht, dass dieser Ahn offenbar als Erster lange von den Bäumen herabgestiegen ist und auch Früchte am Boden nicht verschmähte. Dazu passt, dass Orang-Utans, die immer in den Bäumen bleiben, die Variante nicht haben. Allerdings ist hoch umstritten, wann die anderen von den Bäumen herabgestiegen sind. jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.02.2013)

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