Völkerkundemuseum: Weltmuseum „mit Wiener DNA“

Völkerkundemuseum.
Völkerkundemuseum. (c) APA/GEORG HOCHMUTH (GEORG HOCHMUTH)
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Das neue „Weltmuseum Wien“ präsentiert sein Konzept und betört mit einer Schau über asiatische Tanzkultur. Was uns Ende 2016 alles erwartet.

Bitte nennen Sie uns künftig bei dem Namen, den wir jetzt am liebsten haben“, bittet Stefan Engelmann. Weltmuseum Wien also. Es ist ein besonderer Tag für den Niederländer und das Haus in der Hofburg, das er seit 2012 leitet. Organisatorisch hat das in der Hofburg gelegene Völkerkundemuseum schon im vergangenen Jahr große Umwälzungen erfahren – neuer Leiter, Eingliederung in das Kunsthistorische Museum –, am Mittwoch hat die Öffentlichkeit nun endlich erfahren, was man inhaltlich vom neuen Museum erwarten kann – bis Ende 2016 soll alles fertig sein.

Der Name hat sich schon geändert – auch wenn es gesetzlich weiterhin beim alten bleibt –, und ein neues Logo zeigt viele kleine Punkte zunächst ring-, dann strahlenförmig rund um einen Kreis, „Menschen in Bewegung“, erklärt Engelmann. Bewegung kommt auch in die Sammlung. Sie entstand ursprünglich aus der „k. k. Ethnografischen Sammlung“ und beherbergt Schätze wie Teile der Sammlung von James Cook, Montezumas Federkrone, Bronzen aus dem westafrikanischen Königreich Benin, unzählige Objekten von der Weltreise des Thronfolgers Franz Ferdinand et cetera. Nun wird sie neu aufgestellt, in 19 Räumen, deren Großteil bisher nicht genutzt worden ist. Das braucht Geld, die Kosten für Sanierung, Räumlichkeiten und Neuaufstellung werden auf 27,5 Millionen Euro geschätzt. Doch Engelmann hat nun die Finanzierungszusage des Bundes.

Der „Wow! Aha! Mmh!“-Effekt

Den erwünschten Effekt des neuen Museums hat der Direktor auf eine Dreierformel gebracht: „Wow! Aha! Mmh!“, sie steht für Begeisterung, Erkenntnis und Genuss. „Es soll immer so sein, dass der Besucher sagt: Wow, wie schön! Aha, das ist aber interessant! Mmh, da komme ich sicher nochmals her!“ Ein bisschen konkreter dann: Er plane eine „schlüssige Thematisierung“ und „sehr viel Wiener DNA“. So soll es unter anderem Blöcke zu Traditioneller Chinesischer Medizin und ihre Österreich-Bezüge oder zur Geschichte österreichischer Migranten in Südamerika geben. Das Thema Migration ist Engelmann überhaupt sehr wichtig, weshalb er diesbezüglich auch mit der Uni Wien zusammenarbeiten will. Im Frühjahr 2014 will er zum 100. Jahrestag des Attentats in Sarajevo eine Ausstellung „Kavalierreisen“ zeigen, über die Weltreisen und Sammlungen von Thronfolger Franz Ferdinand.

Auch an die Kinder ist gedacht, denn das Zoom-Kindermuseum bekommt zusätzlich zu seiner Bleibe im Museumsquartier drei Säle des Weltmuseums zur Verfügung gestellt, um (ab Herbst 2015) „anthropologisch relevante Themen“ kinder- und jugendgerecht zu inszenieren.

Zwei Jahrzehnte lang hat Engelmann sehr erfolgreich das Völkerkundemuseum in Leiden geleitet, das älteste Europas. Man traut ihm zu, das Weltmuseum „zu einem der beliebtesten und bekanntesten Häuser Wiens“ zu machen. Die Sammlung habe das Potenzial dafür, ist er überzeugt, sie habe ihn überrascht. In den letzten 500 Jahren seien einige der schönsten Kulturschätze der Welt hierhergebracht worden. „Es ist einzigartig, wie da die ganze Welt reflektiert ist.“

Ein wenig kann man das neue Museum schon erahnen, in der sinnlich und intellektuell auftrumpfenden Ausstellung „Getanzte Schöpfung“ über asiatische Tanzkultur. Sie schlägt historisch lehrreich den Bogen vom hinduistischen Gott Shiva, der tanzend das Universum schafft und zerstört, bis zu zeitgenössischen Künstlern, die alte asiatische Tanztraditionen aufgenommen haben.

Sechs von ihnen haben die Schau mitkonzipiert; das macht diese vor allem dank vieler Videos noch sinnlicher und lebendiger, als sie ohnehin schon durch die Objekte wäre – alle Farbenpracht dieser Welt scheint hier zusammengeflossen. Die zum Teil vom Musée des arts asiatiques Guimet stammenden Masken, Kostüme, Instrumente, Bilder, Skulpturen und Miniaturen, Schminke und sonstigen tänzerischen Accessoires strotzen vor Sinn und Leben. Ein guter, ein sehr guter Anfang für ein „Weltmuseum“.
„Getanzte Schöpfung. Asien zwischen den Welten“. Bis 30.9., tgl. außer Di 10–18 Uhr.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.04.2013)

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