Stephen Hawking boykottiert Israel

Stephen Hawking
Stephen Hawking (c) AP (Roberto Candia)
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Der Physiker hat seine Teilnahme an einer Konferenz in Jerusalem abgesagt, um gegen die Palästinenserpolitik des Staates zu protestieren.

Seit 2008 wird in Jerusalem periodisch die „Israeli Presidential Conference“ abgehalten, auf ihr denken Politiker, Künstler, Medienleute und Wissenschaftler über die Zukunft nach, deshalb heißt sie auch schlicht „tomorrow“. Ins Leben gerufen wurde sie vom Staatspräsidenten Simon Peres, dem die Konferenz heuer auch zum 90. Geburtstag gratuliert, angesagt haben sich etwa Bill Clinton, Tony Blair und Michael Gorbatschow; Barbara Streisand vertritt die Künste, Hubert Burda und Jost Joffe („Die Zeit“) sprechen für die Medien, insgesamt 130 Namen stehen auf der Rednerliste.

Bis zum 3. Mai waren es noch 131, dann sagte einer ab, Stephen Hawking, der prominenteste Forscher der Erde, er leitet, heute 71-jährig, das „Centre for Theoretical Cosmology“ der Universität Cambridge. Diese verlautbarte zunächst, das bekannteste Opfer einer fast kompletten Lähmung (Amyotrophe Lateralsklerose) könne aus gesundheitlichen Gründen die Reise nicht antreten („seine Ärzte haben ihm vom Flug abgeraten“). Rasch musste sie korrigieren, Hawking boykottiert die Konferenz aus politischen Gründen, in seinem Absagebrief stand Folgendes: „Ich habe viele E-Mails von palästinensischen Forschern erhalten. Sie lauten einhellig dahingehend, dass ich den Boykott respektieren soll.“ Der Boykott wurde von Palästinensern 2005 initiiert, er will Israel zu einer Änderung seiner Politik gegenüber den Palästinensern veranlassen und orientiert sich an einem Präzedenzfall: 1958 rief der südafrikanische African National Congress zu einem Boykott – auch der akademischen Welt – gegenüber Südafrika auf.

Druckmittel? Kontraproduktiv?

Den gab es auch teilweise. Ob er allerdings sinnvoll war oder eines der letzten Kommunikationsbänder zerschnitt – eben das der Academia –, ist bis heute umstritten, das gilt nun auch für den Boykott Israels, der vor allem in Großbritannien einige Unterstützung findet, von Forschern und ihren Organisationen, auch von Künstlern, Brian Eno etwa und Elvis Costello haben schon Einladungen nach Israel ausgeschlagen. Und zumindest einen Effekt hatte der Aufruf: 2011 reagierte Israel und stellte Boykottaufrufe unter Strafe.

Dass sich nun Hawking einreiht, hat mehr Gewicht als Absagen von Eno und Costello, die wissenschaftliche Kooperation zwischen Israel und dem Westen ist eng, Israel ist auch in Forschungsförderung der EU eingebunden. Entsprechend hart fiel die offizielle Reaktion aus. Der israelische Botschafter in London nannte Hawkings Verhalten laut BBCeine Schande: „Statt dem Druck politischer Extremisten nachzugeben, ist eine aktive Teilnahme an solchen Events viel konstruktiver.“ Und Israel Maimon, Organisator der Konferenz, kommentierte: „Der akademische Boykott Israels ist aus unserer Sicht empörend und ungehörig (outrageous and improper).“ jl

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2013)

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