Embryonale Stammzellen? Nun ja, beinahe

Embryonale Stammzellen
Embryonale Stammzellen (c) EPA (Shandong Stem Cell Engineering R)
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Spanische Forscher konnten in lebenden Mäusen Zellen so reprogrammieren, dass sie wieder alle Möglichkeiten haben.

Einem Team am spanischen Zentrum für Krebsforschung sei es erstmals geglückt, embryonale Stammzellen in lebenden erwachsenen Organismen zu produzieren. So stand es in einer Aussendung, und so wird man es heute dort und dort lesen, aber ganz so stimmt das nicht.

Denn, ja, es ist dem Team um Manuel Serranol geglückt, in genetisch veränderten Mäusen pluripotente Zellen zu produzieren. Das sind Zellen, aus denen alle Zelltypen des Körpers werden können, die ihre Differenzierung verloren haben, die also eine wichtige Eigenschaft embryonaler Stammzellen haben. Aber dass sie solche sind, das behaupten auch die Forscher nicht. Sie hätten durch „reprogramming in vivo“ zweierlei erhalten, sagt der Titel ihres Artikels in Nature (11.9.): induzierte pluripotente Zellen (iPS-Zellen) und Teratome.

Teratom, das heißt Ungeheuer, und das ist auch etwas Ungeheuerliches: ein Tumor, der aus undifferenzierten Zellen entsteht und bösartig werden kann. Mehr noch: Im Bauch der Mäuse seien „embryoartige“ Strukturen entstanden, berichten die Forscher. Das ist übrigens eine Gefahr bei der medizinischen Verwendung von Zellen, die aus pluripotenten Zellen gemacht wurden: Wenn noch undifferenzierte Zellen enthalten sind, können diese Krebs erzeugen.

Das Neue an der Arbeit ist jedenfalls, dass die Reprogrammierung, die bisher in vitro gelungen ist, nun auch in vivo geglückt ist – über die gleichen vier Gene, die nun in den Mäusen über eine in deren Trinkwasser gemischte Chemikalie angeschaltet werden können. Ein seltsames Ergebnis: Die in vivo entstandenen iPS sind laut Nature ursprünglicher, „mehr totipotent“, als die in vitro produzierten Zellen. Man sieht: Hier ist noch viel unverstanden. tk

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.09.2013)

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