Hoffnung für kaputte Sehnen

Hoffnung fuer kaputte Sehnen
Hoffnung fuer kaputte Sehnen(c) EPA (Rolf Vennenbernd)
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Neue Methoden der Zelltherapie wollen sechs Institutionen gemeinsam entwickeln. Geplant sind neue Therapien für Pferde und für Menschen.

Wenn dieses Wochenende einige der weltbesten Pferde im Vienna-Masters-Turnier um die begehrten Trophäen (und Preisgelder) kämpfen, dann sind nicht nur Konzentrationsfähigkeit und Körperkraft von Pferd und Reiter gefragt: Auch die Sehnen der Pferde sind gefordert. Diese sind v.a. bei hochgezüchteten und -trainierten Pferden sehr verletzungsanfällig. Schätzungen zufolge sind Sehnenverletzungen für ein Drittel aller Ausfälle von jungen Vollblutpferden beim Training verantwortlich – und bedeuten nicht selten das Ende einer Karriere.

Eine Behandlung ist langwierig und schwierig, meist bleiben Narben zurück, die die Belastbarkeit der Sehnen dauerhaft schwächen. Eine wirkliche Heilung verspricht eigentlich nur eine neue Methode: eine Zelltherapie, bei der neue Zellen an die Stelle des geschädigten Gewebes treten. Bereits heute können Gewebe wie Haut oder Knorpeln im Labor hergestellt werden, auch z.B. bei Behandlungen von Herzinfarkten gibt es vielversprechende Fortschritte, um das infarktgeschädigte Gewebe mit Stammzellen (aus dem eigenen Knochenmark) zu regenerieren.


Großtiermodelle.
Bei Sehnenverletzungen gibt es noch keine praxistaugliche Methode. Eine solche zu entwickeln ist eines der Ziele des neuen Projekts „Medizinische Biotechnologie, molekulare Zelltechnologie und Zelltherapien“, das nun von sechs Institutionen unter Leitung der Universität für Bodenkultur gestartet wurde. Ein Teil der Gesamtkosten von 6,7 Mio. Euro – nämlich 1,5 Mio. Euro – kommt aus den Hochschulraum-Strukturmitteln (s. rechts). Die Boku wird in das Projekt Bereiche wie Nanobiotechnologie, Zellgenetik oder Prozesstechnik (für die Vermehrung der Zellen) einbringen, das Institute of Science and Technology (IST) Austria steuert Wissen über Entwicklungs- und Zellbiologie bei, die Veterinärmedizinische Uni errichtet spezielle regenerativmedizinische Labors und stellt als sogenanntes Großtiermodell Pferde zur Verfügung.

Die Behandlung u. a. von Sehnenverletzungen von Pferden ist nämlich „nur“ ein Zwischenschritt im Gesamtprojekt: Denn im Endeffekt geht es um Behandlungsmethoden für den Menschen. Die neuen Therapien müssen aber – nach der Grundlagenforschung im Labor – an einem Großtiermodell getestet werden, bevor sie an Menschen erprobt werden können. Die Pferde sind also gleichzeitig Patienten und Versuchstiere.

Im Rahmen des Projekts werden Großgeräte angeschafft, die es im Großraum Wien nicht gibt: Die Boku bekommt zwei spezielle Mikroskope, mit denen subzelluläre Strukturen bei lebenden Zellen untersucht werden können. Die Vet-Med-Uni schafft einen Mikro/Nano-Computertomografen an, mit dem der Verlauf der Gewebsbildung aus Vorläuferzellen verfolgt werden kann.

Unterstützt wird das Projekt von weiteren Forschungseinrichtungen: Die FH Campus organisiert „Summer Schools“ zur Ausbildung von Spezialisten (und öffnet ihr Technikum für Praktika), das Ludwig-Boltzmann-Institut für Traumatologie ist mit seinem Schwerpunkt für Gewebsregeneration eingebunden, ebenso die Blutzentrale Linz des Roten Kreuzes, die Erfahrung (und die nötigen Einrichtungen) zur Gewinnung von Stammzellen hat. Und: Die Medizin-Uni Wien ist interessiert, die neuen Therapien schließlich an das Krankenhausbett zu bringen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2013)

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