Wie Aerosole und Wolken entstehen

Aerosole Wolken entstehen
Aerosole Wolken entstehen(c) Erwin Wodicka - wodicka@aon.at (Erwin Wodicka)
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Das Großexperiment Cloud bringt etwas Licht in die größte Unbekannte beim Klimawandel.

Bei allen Szenarien und Prognosen, wie sich das globale Klima in nächster Zeit entwickeln wird, gibt es viele unbekannte Faktoren. Der wichtigste ist – wie auch im jüngsten UN-Weltklimabericht ausgeführt wird – die Rolle der Wolken: Bei der Modellierung der Wolkenbildung habe es kaum Fortschritte gegeben, der größte Beitrag zur Unsicherheit sei die Wechselwirkung zwischen Aerosolen (Schwebeteilchen) und Wolken, heißt es in dem 2216 Seiten starken Bericht. Es herrscht Konsens, dass Aerosole und Wolken kühlend wirken – v.a. weil sie Sonnenstrahlen zurück in den Weltraum reflektieren. Wie stark dieser Effekt ist, kann aber derzeit niemand sagen.

Die Vorgänge in der Atmosphäre bei der Bildung von Wolken lassen sich naturgemäß nur schwer beobachten. Daher wurde die Erforschung kurzerhand ins Labor verlegt: Am Kernforschungszentrum CERN wurde ein 26 Kubikmeter großer Stahltank aufgebaut, in dem sich die Zusammensetzung der Gase und die Bedingungen sehr genau steuern lassen. Das Großexperiment nennt sich Cloud (Cosmics Leaving Outdoor Droplets), in ihm arbeiten Wissenschaftler aus zehn Staaten zusammen – aus Österreich sind Physiker der Universitäten Wien (um Paul Wagner) und Innsbruck (um Armin Hansel) bzw. des Messgeräteherstellers Ionicon Analytik (eines Spin-offs der Uni Innsbruck) beteiligt.

Man weiß, dass rund die Hälfte aller Wassertröpfchen an Aerosol-Partikeln entstehen: An diese Kondensationskeime lagern sich sukzessive Wassermoleküle an, bis ein Tropfen entsteht. Die Aerosole können natürlichen Ursprungs sein – etwa Meersalz oder Wüstenstaub – oder aus Substanzen gebildet werden, mit denen der Mensch die Atmosphäre verunreinigt. In erster Linie spielen hier Schwefelsäure und Ammoniumverbindungen ein Rolle, die zu sehr stabilen Aerosolen reagieren. Bisher ist es in Experimenten aber nicht gelungen, die in der Atmosphäre gemessenen Bildungsraten dieser Partikel nachzuvollziehen.

Nun ist man einen Schritt weiter: Durch die Anwesenheit von kleinsten Mengen an Aminen stieg die Bildungsrate der Aerosole um das 1000-Fache und kommt jener in der Atmosphäre sehr nahe (Nature, 6.10.). Amine gelangen etwa aus der Viehzucht oder bei der Verbrennung von Biomasse in die Atmosphäre, sie werden aber auch bei technischen Prozessen wie der Aminwäsche (bei der Abtrennung von CO2 aus Rauchgasen) frei.


Amine und Schwefelsäure. Bei der Aerosolbildung spielen auch Naturstoffe eine Rolle: Unter der Leitung des österreichischen Forschers Siegfried Schobesberger (derzeit Uni Helsinki) wurde die Rolle von Monoterpenen und verwandten Molekülen (etwa Pinanediol) untersucht. Diese Stoffe sind z.B. für den Geruch von Nadelwäldern verantwortlich. In der Cloud-Kammer konnten nun die Vorgänge bei der Aerosolbildung aufgeklärt werden, die in einem Langzeitversuch in Hyytiälä (Finnland) beobachtet wurden (PNAS, 8.10.).

Die Wolkenkammer wurde auch noch für ein anderes Experiment genutzt, das den Einfluss der kosmischen Strahlung untersucht – Kritiker monieren ja, dass die kosmische Strahlung bei der Erklärung des Klimawandels sträflich vernachlässigt werde. Die Forscher am CERN haben in die nachgebildete Atmosphäre Protonenstrahlen (aus einem Beschleuniger) eingebracht. Das Ergebnis: Die Strahlung habe nur einen vernachlässigbaren Einfluss auf die Aerosolbildung. Zumindest bei den bisher untersuchten Substanzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2013)

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