Papst-Segen zum „Golden Rice“: „Now it is blessed!“

(c) REUTERS (STEFANO RELLANDINI)
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Seit 1999 gibt es einen gentechnischen Reis, der in der Dritten Welt Erblindungen verhindern soll. Auf die Felder hat er es noch nicht geschafft, der Gegenwind gegen Gentechnik ist zu stark. Dagegen mobilisiert nun die internationale Forschung. Und auch dem Papst gefällt der Reis.

Am 7. November begab sich Wundersames im Vatikan: Papst Franziskus ließ sich von einem Besucher ein Säckchen Reis in die Hände drücken und betrachtete es wohlgefällig. Zuvor hatte der Besucher ihn um seinen Segen gebeten, auf Englisch und nicht für sich selbst, sondern für den Reis. Einen offiziellen Segen erteilte Franziskus nicht, aber als er den Reis zurückgab, sagte er: „Now it is blessed!“ So erinnert sich der Besucher gegenüber der „Presse“, er heißt Ingo Potrykus und war bis zur Emeritierung Pflanzengentechniker an der ETH Zürich. Dort machte er sich 1992 an ein Projekt, das eines der ärgsten Ernährungsprobleme der Dritten Welt lösen sollte, das des Mangels an Vitamin A bzw. seinem Vorläufer β-Carotin, es wird im Körper umgewandelt. Aber erst muss es in den Körper gelangen, und in vielen Nahrungsmitteln ist es auch reichlich vorhanden, in Fleisch, Butter und Milch etwa.

Die allerdings sind rar in den Armenhäusern der Erde, dort kommt Reis auf den Tisch, der hat von Natur aus kein β-Carotin. Dieser Mangel macht anfällig für Infektionskrankheiten, er kann auch für Erblindung sorgen: Das betrifft laut Weltgesundheitsorganisation WHO bis zu 500.000 Kinder im Jahr, die Hälfte stirbt innerhalb von zwölf Monaten. Deshalb wollte Potrykus die Natur nachbessern, mit Gentechnik und Geld der Rockefeller-Stiftung, die unterstützt die Landwirtschaft der Dritten Welt. Gemeinsam mit Peter Beyer (Uni Freiburg) ging er also 1992 ans Werk, nach sieben Jahren war es vollendet: Eingebaute Gene eines Bakteriums und der Narzisse sorgten auch in Reiskörnern für β-Carotin, das gab dem Reis eine rötlich/gelbe Farbe, die Forscher tauften ihn doppelsinnig „Golden Rice“ (Ein dritter Sinn steckte nicht darin, der Reis ist keine kommerzielle Entwicklung, er soll kein Geld abwerfen.)

„Könnte eine Million Kinder retten“

Im Jahr darauf war Potrykus auf dem Titel von Time: „Dieser Reis könnte eine Million Kinder im Jahr retten.“ Aber zu der Zeit hatten auch viele NGOs die Agrargentechnik entdeckt, allen voran Greenpeace, der Gegenwind – auch gegen den „Golden Rice“ – war enorm, er ist es bis heute. Man weiß nicht warum, Millionen Menschen essen seit Jahren täglich GMOs (genetisch modifizierte Organismen), nicht einer ist erkrankt. Aber die Schreckenskampagnen laufen weiter, und dem „Golden Rice“ wurde just seine gute Absicht zum Schaden: Er galt als Trojanisches Pferd der Agrargentechnik, die mit dem einen wohltätigen Produkt vielen fragwürdigen Akzeptanz verleihen wolle.

Also ging es mit dem „Golden Rice“ höchst schleppend voran, vor allem dort, wo man ihn im Freiland testen wollte, auf den Philippinen. Erst gab es keine Genehmigung, und dann, als Versuchsfelder angelegt waren, kamen Gegner und ruinierten alles. Das war am 8. August 2013, es löste etwas Präzedenzloses aus: „Standing Up for GMOs“. Unter diesem Titel machten sich Forscher in Science (341, S. 1320) für den „Golden Rice“ im Besonderen und die Agrargentechnik im Allgemeinen stark: „Das Anti-GMO-Fieber brennt hell, angefacht von wohlorganisierter Angstmache, von der einige Individuen und Organisationen profitieren. Wir und tausende Mitunterzeichner stehen zusammen in entschiedener Opposition gegen die gewaltsame Zerstörung von notwendigen Tests von Fortschritten wie ,Golden Rice‘, die das Potenzial haben, Millionen Leben armer Menschen zu retten.“

Unterzeichnet haben zunächst elf Forscher, sie haben nichts mit Agrargentechnik zu tun, Physiker Martin Rees etwa ist dabei, auch Biochemiker und Nobelpreisträger Günter Blobel, etwa 6000 weitere haben sich später angeschlossen. Kommt zu diesen weltlichen Heerscharen nun auch der Segen von oben? „Der Papst ist kein Freund von transgenen Pflanzen und Projekten der Industrie“, berichtet Potrykus: „Aber unser Projekt findet er gut.“ Nächstes Jahr soll es auf den Philippinen endlich doch beginnen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2013)

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