Damit in die RNA kein "Knopf" hineinkommt

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Wiener Forscher haben herausgefunden, wie Schnupfenviren die menschlichen Zellen infizieren.

Rhinoviren – Schnupfenviren – sind Viren wie aus dem Bilderbuch: Es sind 24 bis 30 Nanometer kleine, fast kugelförmige Partikel. Ihre Hülle (Kapsid) besteht aus vier Proteintypen, die sich zu einem Ikosaeder (Zwanzigflächner) anordnen. Im Inneren sitzt die Erbinformation: ein einsträngiges RNA-Molekül, das die Baupläne für alle nötigen Proteine enthält – auch für jene, die den Schnupfen (Rhinitis) auslösen.

Wie die Infektion menschlicher Zellen genau abläuft, ist in vielen Bereichen noch nicht genau bekannt. Voraussetzung für den Ausbruch der Krankheit ist jedenfalls, dass die Viren-RNA in die Schleimhautzellen eindringt. Forscher an den Max F. Perutz Laboratories – einer Kooperation von Uni und Med-Uni Wien – haben nun gemeinsam mit spanischen Kollegen herausgefunden, welche Prozesse dabei ablaufen (PNAS, 22.11.): Wenn das Virus an eine Körperzelle andockt, dann verändern die Hüllproteine ihre Form, das Virus wird größer, es öffnen sich Poren; das wiederum veranlasst die RNA, die vorher dicht gepackt ist, zu einer Änderung ihrer Struktur. „Das ist offenbar notwendig, damit sich dieses lange, fadenförmige Molekül ohne Bildung von ,Knöpfen‘ entfalten und das Kapsid in geordneter Weise verlassen kann“, erläutert Studienautor Dieter Blaas. Unbekannt ist aber noch, wie die RNA „weiß“, welche der 30 Poren in der Virushülle sie wählen muss, um genau dort herauszukommen, wo das Virus an der Zelle angedockt ist.

Ist die RNA einmal im Inneren der Körperzelle, dann nutzt das Virus die Schleimhautzellen als Vermehrungsmaschinen: Die Erbinformationen werden in den Ribosomen – den Proteinfabriken der Zellen – in die entsprechenden Virusproteine übersetzt; die RNA selbst wird ebenfalls vermehrt. Aus diesen Teilen bilden sich wieder ganze Rhinoviren, die die Zellen aufbrechen (sprich umbringen), sie dadurch verlassen können und angrenzende Zellen befallen. Der Körper reagiert mit einer Entzündungsreaktion der Nasenschleimhaut, die Gefäße werden durchlässiger, Sekrete treten aus, das Immunsystem beginnt mit der Abwehr. All das äußert sich in einem ausgewachsenen Schnupfen – das Wort kommt übrigens aus dem Mittelhochdeutschen „snuppen“ und bedeutet nichts anderes als putzen. Für die meisten Patienten ist das nicht gefährlich – mit Ausnahme von Personen mit Asthma oder anderen chronischen Lungenleiden wie COPD („Raucherlunge“). Innerhalb weniger Tage obsiegt der Körper gegen die Eindringlinge, und der Spuk ist zu Ende. Oder wie es der Volksmund so schön formuliert: „Geht man zum Arzt, dann dauert ein Schnupfen eine Woche; bleibt man daheim, ist er nach sieben Tagen vorbei.“

Eine wirksame Impfung gibt es bisher nicht, weil es mehr als 150 verschiedene Virentypen gibt. Wie berichtet, haben Forscher um Rudolf Valenta (Med-Uni Wien) einen Test entwickelt, der Auskunft darüber gibt, welcher Virenstamm verantwortlich ist – eine Voraussetzung für die Entwicklung einer Schnupfenimpfung, die u.a. in dem EU-Projekt Predicta vorangetrieben wird, an dem auch die Wiener Biotechfirma Biomay beteiligt ist.

Lexikon

Auch Erkältungen
bzw. grippale Infekte sind Infektionen, meist durch Viren. Ein direkter Zusammenhang zwischen Kälte und Erkrankung konnte bisher nicht nachgewiesen werden– subjektiv bewirkt die Erhöhung der Körpertemperatur (Fieber) das Gefühl, dass einem kalt ist.

Indirekt wirken Winter und Kälte aber auf das Immunsystem: So wandern weiße Blutkörperchen bei Kälte langsamer zum Infektionsherd, wegen der kürzeren Sonnenscheindauer wird weniger Vitamin D gebildet und kalte Luft ist trockener, sodass Schleimhäute eher austrocknen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2014)

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