HAARP: Den Himmel heizen?

(c) AP (Mark Farmer)
  • Drucken

Physik. Ein riesiger Sender des US-Militärs, der auch der Ionosphärenforschung dient, geht in Betrieb: HAARP.

Die Ideen gehen dem Pentagon nicht aus, ein Szenario fürchtet etwa, Nordkorea könne eine Atombombe hoch oben in der Atmosphäre zur Explosion bringen. Das würde „Killer-Elektronen“ erzeugen, die innerhalb von Tagen die Elektronik aller Satelliten ausschalten. Aber das Pentagon schläft nicht: Eine Wunderwaffe könne die Elektronen aus der Atmosphäre vertreiben, und sie stehe auch schon bereit, hoch oben in Alaska.

Dort steht in der Tat etwas Seltsames, es ist ein gigantischer Radiowellensender mit 180 Antennen, heißt HAARP (High Frequency Active Auroral Research), entstammt dem Kalten Krieg und sucht oft neue Verwendungszwecke. Geplant wurde es Mitte der Achtzigerjahre für die militärische Kommunikation: Es sollte Kontakt mit getauchten U-Booten ermöglichen, das geht nur mit extrem tiefen Frequenzen, die kommen weit durch Wasser. Helfen sollte die Ionosphäre, sie beginnt in 80 Kilometern Höhe und enthält geladene Teilchen. Wenn man ihnen in besonders konzentrierten Regionen („electro-jets“) Energie zuführt – sie mit Radiowellen „heizt“ –, könnten sie das Signal verstärken und in die Meere bringen.

Grünes Leuchten am Himmel

So das Prinzip, es funktioniert auch, der Physiker Dennis Papadopoulus (Naval Research Laboratory, Washington) hat es erdacht und wollte es mit HAARP realisieren. Aber die Anlage war noch nicht fertig, da entfiel der Zweck: „Es gibt keine U-Boote der anderen Seite mehr“, beschreibt Papadopoulos das Dilemma. Dafür tauchten früh andere Feinde auf: Anrainer sahen am Himmel über der mysteriösen Anlage „grünes Leuchten“ und am Boden neben ihr „Karibus rückwärtsgehen“, und das war nur der Beginn, HAARP zog die Verschwörungstheoretiker an: Man experimentiere mit „Todesstrahlen“ oder mit Strahlen, die die Gehirne der halben Menschheit manipulieren, man wolle das Wetter beherrschen. Zusammengefasst wurde alles von Nick Begich –im Buch „Angels Don't Play This HAARP“–, er wurde zu einer Anhörung des EU-Parlaments geladen, das zum Schluss kam, HAARP sei ein „klimabeeinträchtigendes Waffensystem“.

Die andere Seite war auch nicht faul, viele Strangeloves dienten dem Pentagon Ideen an, eine setzte sich – nach 9/11 – durch, die vom Atmosphärenputzen nach einer Atombombenexplosion. Sie hat den Hintergrund darin, dass die Atmosphäre sich ohnehin selbst putzt, wenn starker Sonnenwind viele geladene Teilchen bringt. Die werden nach unten entsorgt, mit Blitzen und Polarlichtern. Diesen Prozess soll HAARP simulieren, ob es geht, weiß niemand. Immerhin gelang es 2005, ein kleines Polarlicht zu erzeugen – innerhalb eines größeren, natürlichen –, ganz verrückt waren die Anwohner nicht, die ein Leuchten gesehen hatten.

Nun ist die Anlage fertig, in Gakona, Alaska. Physiker begrüßen sie als einzigartiges Labor für Experimente mit der Ionosphäre – es gibt weltweit zwei ähnliche „Heizer“, kleinere –, das erste „Experiment“ allerdings riss wenige vom Sessel: Die geballte Radiomacht schickte Wellen zum Mond, die Reflexion konnte von Radioamateuren aufgefangen werden (Nature, 452, S.930).

IONOSPHÄRE: Nordlichter

80 Kilometer über der Erde beginnt die Ionosphäre, in der geladene Teilchen sind. Sie werden mit Nordlichtern „entsorgt“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.04.2008)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.