Bakterien helfen bei und nach der Geburt

(c) EPA (National Geographic Channel)
  • Drucken

In der Plazenta, die man bisher für steril hielt, hat sich ein Mikrobiom gefunden, eine Gemeinschaft von Bakterien. Sie gleicht der im Mund und sorgt vermutlich dafür, dass zur rechten Zeit geboren wird.

Bakterien werden für gewöhnlich als bedrohlich wahrgenommen, und viele sind es auch. Aber ohne Bakterien wären wir nichts: Geschätzte 100 Billionen trägt jeder mit sich herum, zehnmal so viel wie Zellen des eigenen Körpers, und wenn sie auch nur ein bis drei Prozent zu unserem Gewicht beitragen, könnten wir ohne sie nicht leben. Bekanntestes Beispiel ist der Darm, dort sind 99 Prozent aller Zellen Bakterien, und ihre Gemeinschaften – die Mikrobiome – verdauen für uns; aber sie sind auch sonst überall, auf der Haut, in der Haut, in Organen. Sie sind sogar in unserem wichtigsten Organ, in dem, ohne das wir nicht wären, und das wir doch nie zu Gesicht bekommen, in der Plazenta. Die nährt uns bis zur Geburt, sie schützt uns auch, lässt nicht alles aus dem Körper der Mutter herein.
Bisher war man überzeugt, dass sie auch keine Bakterien hereinlässt, die Plazenta galt als steril. Aber auch in ihr sind Bakterien, und wenn es die richtigen sind, dann helfen sie vermutlich bei der Geburt, und nach der Geburt tun sie es auch: 2012 bemerkte Kjersti Aagaard (Baylor College of Medicine, Houston), dass Neugeborene in ihrem Stuhl Bakterien haben, und zwar ganz andere als die, die die Mutter in der Vagina hat. Das war die erste Überraschung: Früher war man überzeugt, dass die ersten Bakterien, die ein Baby aufnimmt, aus dem Geburtskanal stammen. Und man vermutete, dass das Fehlen dieser Bakterien bei einer Geburt durch Kaiserschnitt zu Autoimmunkrankheiten führen kann, weil dem Körper dann die Übung im Umgang mit Krankheitserregern fehlt.

Kaiserschnitt kein Verhängnis für Leben!


„Ich glaube, man kann Müttern, die mit Kaiserschnitt entbunden haben, zusichern, dass sie damit nicht das Mikrobiom des Kindes für den Rest seines Lebens dem Verhängnis geweiht haben“, entwarnt Aagaard nun: Sie hat mit Genanalysen in 320 Plazentas Bakterien gefunden, und zwar in Gemeinschaften, die am meisten denen gleichen, die in einem weit entfernten Körperteil siedeln, dem Mund (Science Translational Medicine, 21. 5.). Möglicherweise wandern sie von dort mit dem Blut in die Plazenta, das würde einen alten Verdacht stärken: Bei Frauen mit krankem Zahnfleisch – den Entzündungen Gingivitis und Periodontitis – ist das Risiko von Frühgeburten höher. Es könnte daran liegen, dass dann die mit diesen Krankheiten verbundenen Bakteriengemeinschaften  aus dem Mund in die Plazenta geraten.
Sicher ist das nicht, Aagaard empfiehlt vorsorglich trotzdem optimale Zahnhygiene, und sie empfiehlt das nicht nur aktuell Schwangeren, sondern auch Frauen, die irgendwann einmal schwanger werden wollen. Zudem ist ihr aufgefallen, dass unter den Bakterien in der Plazenta auch Pathogene sind, die von Entzündungen des Urinaltrakts in der frühen Schwangerschaft stammen. Und dass auch solche Entzündungen mit Frühgeburten verbunden sein können.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.