Förderte Insektenverzehr unser Gehirn?

(c) REUTERS (MARIO ANZUONI)
  • Drucken

Kapuzineraffen zeigen, wie Klugheit mit Futter kommt.

Shrimps essen wir gern, Engerlinge würden wir nicht hinunterbekommen, obgleich sie ganz ähnlich aussehen. Dahinter steckt Ekel, der in unsere Kultur eingebaut ist, andere Kulturen haben ihn nicht, und die Natur hat ihn schon gar nicht: Unsere Cousins, die Schimpansen, angeln mit Genuss – und mit Werkzeugen – Termiten aus ihren Bauten. Haben unsere frühen Ahnen es auch getan, steht diese protein- und fettreiche Kost hinter unserem großen Gehirn?

Das vermutet Amanda Melin (St. Louis), sie vertritt die Hypothese der „sensomotorischen Intelligenz“. Die geht davon aus, dass Homo auf der Suche nach Nahrung so klug und weise, so sapiens geworden ist: Nahrungsquellen müssen erst gefunden werden, das ist der sensorische Teil der Intelligenz, dann müssen sie erschlossen werden, mit feiner Motorik, vor allem jener der Hände, die auch Verstecktes und schwer Zugängliches verfügbar machen, Wurzeln etwa oder Engerlinge oder Insektenlarven unter Baumrinde.

Die haben eben viele Proteine, und deren Aminosäuren braucht das Gehirn. Bisher setzte man bei möglichen Quellen auf Fleisch und Fisch – warum nicht auch Insekten? Auch die könnten liefern, was das Gehirn größer werden lässt und zugleich feiner, auch zum Steuern der Motorik, so könnten beide Seiten einander hochspielen.

Großes Hirn, feine Motorik

Das ist die Hypothese. Wie soll man sie prüfen? Die Ernährung unserer frühen Ahnen lässt sich nicht im Detail rekonstruieren, aber andere Primaten haben auch relativ große Gehirne, Kapuzineraffen etwa. Die leben in Südamerika, in zwei Unterarten, beide sind so klug, dass sie gern als Haustiere gehalten werden. Aber die eine, Sapajus, ist klüger, sie hat auch ein größeres Gehirn. Ihre Ernährung hat Melin fünf Jahre in Costa Rica beobachtet: Sie holen Früchte ein und Insekten, auch schwer zugängliche, für die es feine Hände braucht. Auf die greifen Sapajus vermehrt in Zeiten zurück, in denen keine Früchte reif sind, sie benützen dazu Werkzeuge, die andere Unterart hat keine erfunden (Journal of Human Evolution, 1. 7.).

Kann man aus der Analogie auf Menschen schließen? Ja, hofft Melin: „Das Graben nach Insekten in harten Zeiten mag zur kognitiven Evolution der Hominiden und zu ihren Werkzeugen beigetragen haben.“  (jl)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.07.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.