Krähen sind so klug wie Kinder mit zehn Jahren

Aesop-Fabel-Test
Aesop-Fabel-Test(c) Sarah Jelbert
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Im „Aesop-Fabel-Test“ zeigen die Vögel erstaunliches Verständnis der Kausalität der Wasserverdrängung.

Bei Experimenten kommt es darauf an, wie man sie anlegt, das gilt vor allem dann, wenn es um die Klugheit von Tieren geht, etwa darum, ob sie sich im Spiegel erkennen: Das ist eine hohe Leistung, lange wurde sie außer uns nur Schimpansen zugesprochen, dann ließ Frans de Waal (Emory) Elefanten in Spiegel schauen, die nicht tellerklein waren wie in früheren Experimenten, sondern groß wie die Elefanten selbst. Nun erkannten sie sich.

Oder die Schimpansen. Ihre Klugheit steht außer Streit, unklar ist hingegen, wie stark sie kooperieren. Die Forschung ist gespalten, die eine Seite findet keinerlei Kooperation, oft in Experimenten, in denen die Tiere nur eine Belohnung bekommen, wenn sie koordiniert Knöpfe drücken. Die andere Seite, angeführt wieder von de Waal, arbeitet nicht mit Apparaten mit Knöpfen, die es in der Natur nicht gibt, sondern mit Seilen, an denen gezogen werden muss, wie etwa an Ästen. Und schon zeigt sich Kooperation.

Wasser unerreichbar? Ach, was!

Allerdings ist nicht immer klar, warum eine Änderung des Designs einen anderen Ausgang eines Experiments bringt, dieses Rätsel stellen gerade die, die in Sachen Intelligenz stark mit den Schimpansen konkurrieren, die Rabenvögel, vor allem die Neukaledonienkrähen. Die testet man in letzter Zeit nach dem Modell einer Fabel von Aesop: Bei großer Hitze findet eine durstige Krähe einen Krug mit ein wenig Wasser, sie kommt nicht dran, der Hals ist zu eng. Also wirft sie Steinchen in den Krug, bis das Wasser hoch genug ist.

Im vorletzten Durchgang des Tests kamen die Krähen weit: Gab es kleine und große Steine zur Wahl, nahmen sie die großen, und gab es außer Steinen auch Holzstücke, ignorierten sie die. Aber dann kam eine Aufgabe, die sie überforderte: Wenn eine weite und eine enge Röhre da war und in der weiten der Wasserstand höher, aber zum Erreichen doch mehr Steine gebraucht wurden, versagte die Krähenintelligenz, im Parallelexperiment auch die von Kindern: Also sprachen die Forscher den Krähen „ein gehobenes, aber unvollständiges Verstehen der kausalen Eigenarten der Wasserverdrängung“ zu, vergleichbar mit dem von „Fünf- bis Siebenjährigen“ (PLoS One e92895):

Nein, „mit Sieben- bis Zehnjährigen“ sind sie vergleichbar, das ist der letzte Stand: Corinna Logan (UC Santa Barbara) hat das Experiment wiederholt und den Abstand zwischen den kommunizierenden Röhren erhöht. Nun verstand doch eine von sechs Testkrähen (PLoS One, 23.7.). Warum der Abstand zwischen den Röhren ihrem Denken half, ist unklar. (jl)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.07.2014)

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