Gesunde Berge? Ötzi hatte hohes Infarktrisiko!

(c) EPA (Museo Archeologico Alto Adige/Ho)
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Genanalysen bestätigen frühere Befunde: Der Eismann litt trotz seines Lebensstils an Arteriosklerose.

Woran ist der Mann gestorben, der 1991 nach etwa 5000 Jahren in den Ötztaler Alpen aus dem Eis kam? Kurz vor seinem Ende traf ihn ein Pfeil in die Schulter, dann wurde er entweder auf den Kopf geschlagen oder stürzte am Ende so unglücklich, dass sein Schädel starken Schaden nahm. Und vielleicht stürzte er, weil er in der Aufregung des Kampfes eine Herzattacke erlitt. Für die hatte er ein hohes Risiko, das zeigte sich schon beim Röntgen der Mumie: Die Blutgefäße waren verkalkt. Woher? Der Mann war ein durchtrainierter 1,60 Meter großer und 60 Kilo schwerer Mitvierziger, er lebte im Gebirge, Tabak rauchte er nicht, er ernährte sich vielfältig und gesund, nur Milch vertrug er nicht, er hatte keine Laktosetoleranz.

Er hatte also keinen der Risikofaktoren für das Leiden, für das die heutige Lebensweise verantwortlich gemacht wird: Arteriosklerose. Und dennoch hatte sie. Das lag zum einen Teil an seinen Genen, darauf deuteten schon frühere Analysen, eine Gruppe um Albert Zink (Institute for Mummies and the Iceman, Bozen) hat sie nun verfeinert: Ötzi hatte gleich mehrere Gene in Varianten, die das Risiko erhöhen, zentral ist das Gen rs10757274, seine Variante verdoppelt das Risiko (Global Heart 9, S. 203). Und das war nicht das einzige: Vor zwei Wochen hat Zink publiziert, dass in Ötzis Körper auch DNA der Bakterien war – Treponema denticola –, die bei Parodontitis mitspielen, einer schweren Entzündung des Zahnfleischs (PLoS One e99994). Die Bakterien stehen in starkem Verdacht, auf das Herz durchzuschlagen.

Zudem: Parodontitis und Borreliose

Noch etwas kam hinzu: Borreliose. Das ist eine Infektionskrankheit, dessen Erreger – das Bakterium Borrelia burgdorferi – von Zecken übertragen werden und Böses anrichten, wo immer im Körper sie sich einnisten. Solche Krankheiten versucht der Körper mit Entzündungen abzuwehren, und wenn die chronisch werden, tragen auch sie zu Arteriosklerose bei. „Obwohl unsere Ahnen ein ganz anderes Leben lebten als wir, hat ihre Umwelt und ihr Lebensstil sie nicht davor geschützt, Arteriosklerose zu entwickeln“, schließen die Forscher: „Bisher ist der Eismann der Einzige, an dem genetische Prädispositionen gefunden wurden, Studien an anderen Mumien werden zeigen, wie verbreitet diese Genvarianten waren.“  (jl)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 31.07.2014)

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