Business-Apps: Mehr Produktivität, viele Probleme

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Damit die Apps im Unternehmensalltag zu effektiven Werkzeugen werden, müssen einige Fragen beantwortet werden. Branchenriesen und Start-ups suchen nach Lösungen.

Apple und IBM – die Hölle friert zu.“ So betitelte Ben Schwan im Heise-Online-Dienst seinen Kommentar zum jüngsten Deal der beiden Computerplatzhirsche. Und er nannte auch schon die Verlierer: Microsoft und Google.

Was genau hinter der neuen Allianz steckt, erläutern IBM-Chefin Ginni Rometty und Tim Cook, Nachfolger des legendären Steve Jobs an der Spitze von Apple, in einem Interview, das sie dem TV-Sender CNBC gegeben haben. Darin erklären sie die Zusammenarbeit anhand eines plakativen Beispiels aus der Luftfahrt: Sobald eine IBM-Software in der hauseigenen Cloud überprüft hat, wie viel Kerosin ein bestimmtes Flugzeug braucht, um sicher über den Atlantik zu kommen, können die Piloten diese Informationen sofort auf ihrem iPad abrufen – ein
schwerer Pilotenkoffer gehört damit der Vergangenheit an.

Apple-Chef Cook verpackte die Botschaft auch in eine Mitteilung an alle Mitarbeiter: Man werde Apples „legendäre“ Benutzerfreundlichkeit und integrierte Hard- und Software mit IBMs „unübertroffener“ Tiefe in der Versorgung von Industrieunternehmen sowie bei Enterprise-Software kombinieren.

Ein gewichtiger Teil dieser Kombinationsarbeit wird darin bestehen, gemeinsam Apps zum Management von Geschäftsprozessen zu entwickeln. Denn Apple und IBM wissen: „Mobile Enterprise“ ist heute keine Vision mehr, sondern Realität mit rasantem Wachstum.

Dem trug Ende Juni auch der neue Stern am Wiener Messehimmel, der „Überall App Kongress“, Rechnung: Die Veranstaltung von LSZ Consulting umfasste neben herkömmlichen Themen für Konsumenten auch eine Leiste für und mit Firmenchefs und Vorständen.

Kleine Teams, große Visionen

So diskutierten etwa „Erfolgs-Apper“ aus den deutschsprachigen Ländern – Stefan Ebner (Braintribe), Niki Ernst (IACy, TEDxAmbassador), Florian Gschwandtner (Runtastic), Florian Kandler (Ulmon) und Alex Pinter (Trayn) – miteinander und mit Partnern wie BMVIT und Zit, der Technologieagentur der Stadt Wien, über ihre Erfahrungen. Mit einem zentralen Fazit: „Wenig Budget, kleines Team, große Visionen – und mit einem Schlag Millionenangebote von Riesenkonzernen.“

Experten von Fujitsu Österreich und Citrix haben erzählt, wie man „von Mobile Application Management zu Enterprise Mobility“ kommt: Das Gerätemanagement sei nur die Basis. Nur entsprechende Applikationen, die dem Mitarbeiter die Arbeit erleichtern oder erst ermöglichen, können auf diesen Devices helfen, die Produktivität der Mitarbeiter zu steigern.

Wie Unternehmen mit den Herausforderungen der Mobilität am besten zurechtkommen, hat Stefan Feßl, Experte des österreichischen Softwarehauses Anecon, mit acht Faktoren beschrieben.

► Fokus auf Nutzen/Mehrwert. Jede Applikation sollte einen Nutzen stiften. Bei Endkunden stehen Einfachheit und Usability im Vordergrund, bei Apps für die eigenen Mitarbeiter die Arbeitserleichterung.

► Plattformstrategie. Zwar beherrschen Android und iOS den Markt, doch sollten auch Windows- und Blackberry-Anwender nicht ausgeschlossen werden. Mit einer HTML5-Lösung erspart man sich die Entwicklung für jede einzelne Plattform. Letztere, native Implementierungen genannt, ermöglichen hingegen den Zugriff auf alle Features der Endgeräte und Plattformen. Sogenannte Hybrid-Apps vereinen die Vorteile beider Systeme.

► Architektur. Die wichtigste Frage: Wird die mobile App in die Geschäftsprozesse integriert, oder werden sie entsprechend angepasst?

► Sicherheit. Wenn Unternehmensdaten auf mobilen Endgeräten verfügbar sind, wird Security vom Thema zum Problem. Die hundertprozentige Sicherheitslösung für mobile Apps ist noch nicht verfügbar.

► Usability. Bei mobilen Apps kommt Usability und User Experience noch mehr Bedeutung zu als bisher. Schlechte Usability führt rasch dazu, dass eine mobile App nicht mehr benutzt wird.

► Gerätevielfalt und Tests. Im mobilen Bereich gibt es eine Vielzahl unterschiedlicher Endgeräte, die sich nicht nur in der Hardware, sondern auch in der installierten Betriebssystemversion unterscheiden.

► Online/Offline-Datenhaltung. Gerade im Mobilbereich gibt es oft Situationen, in denen die Verbindung nicht funktioniert. Wie soll sich die App in diesem Fall verhalten? Wie wichtig ist die Aktualität der Daten?

► Update-Strategie. Im Gegensatz zu Computeranwendungen ist es bei Apps aus den verschiedenen Stores nicht leicht, Updates sofort auf allen Endgeräten verfügbar zu machen. Ohne Versions- beziehungsweise Gültigkeitsprüfung in den Applikationen läuft man Gefahr, dass alte Versionen zu Problemen führen.

Wenn es um das Schlagwort „Mobile Enterprise“ geht, darf die alljährliche Studie des renommierten deutschen Lünendonk-Instituts nicht fehlen. Die vom Spezialisten Seven Principles gesponserte neueste Befragung von mehr als 90 Unternehmen mit jeweils mehr als tausend Mitarbeitern förderte Verblüffendes zutage.

Demnach haben immerhin 56 Prozent der befragten Unternehmen eine nachhaltige Mobility-Strategie. Aber jene ohne Strategie betreiben meist nur schlichtes Gerätemanagement. Statt Enterprise Mobility zu betreiben, kämpfen sie mit großen Problemen im Bereich Security und Datenschutz.

Womit sie nicht mehr kämpfen, ist die Frage, ob mobile Endgeräte erlaubt werden oder nicht. Denn Bring Your Own Device (BYOD) ist längst Realität.

Lexikon

Apps leitet sich von „applications“ ab und dient schon lange als Abkürzung für Software-Anwendungen. Seit 2007 wird das Wort App mit dem iPhone assoziiert – viele meinen gar irrtümlich, App stehe als Abkürzung für Apple. Technisch nutzen Apps einen gemeinsamen Software-Unterbau, der wesentliche Funktionen zur Verfügung stellt. Die App selbst besteht nur aus Benutzeroberfläche und Spezialfunktionen – ein Vorteil für Entwickler.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2014)

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