Ein Projekt für die Zukunft: Ein Haus, das mehr Energie erzeugt, als es nutzt

(c) Bilderbox
  • Drucken

Kapfenberg. Wie aus einem Sechzigerjahrebau ein Plusenergiehaus wurde, das alle Anforderungen an zeitgemäßes Wohnen erfüllt – ein „Leuchtturmprojekt“.

Es wurde viel in den 1950er- und 1960er-Jahren gebaut, viel davon schlecht. Wie in der Johann-Böhm-Straße 34/36 im steirischen Kapfenberg: Das Wohnhaus mit seinen dünnen Wänden, zugigen Fenstern, veralteten Küchen, Bädern und Grundrissen konnte zuletzt kaum noch punkten. Trotz sehr günstiger Mieten standen Wohnungen leer.

Nun nicht mehr – obwohl sich die Miete fast verdoppelt hat. Denn das Haus wurde durch eine Generalsanierung innen und außen auf Neubaustandard gebracht und im Rahmen eines Forschungs- und Förderungsprojekts zu einem Plusenergiehaus umgemodelt.

Idee und Umsetzung kamen von AEE-Intec in Gleisdorf, einem Institut, das auf angewandte Forschung über Solarenergie, Energieeffizienz, Niedrig- und Nullenergiegebäude spezialisiert ist. Begleitet wurde das Projekt von Forschern der TU Graz. „Wir wollten ein Projekt für die Zukunft umsetzen“, erzählt Projektleiter Karl Höfler von einem Sanierungskonzept, „bei dem die Leute nicht ausziehen müssen und das für andere ähnliche Bauten anwendbar ist“: vor allem die energetisch schlechten Bauwerke der 1950er- bis 1980er-Jahre mit ihren glatten Fassaden und einheitlichen Höhen.

Und weil der Bau zudem als „Haus der Zukunft +“ beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie eingereicht und gefördert wurde, soll es künftig mehr Energie erzeugen als verbrauchen.

Fassadenelemente entwickelt

„Plusenergiestandard ist nur zu erreichen, wenn alle Möglichkeiten, von der thermischen Gebäudehülle bis zu Energieversorgungssystemen, ausgeschöpft werden“, so Höfler. Dafür wurden gebäudehohe Fassadenelemente entwickelt, die von einem Holzbauunternehmen in der Halle vorgefertigt und vor Ort rasch von außen montiert werden können – im Prinzip, ohne dass jemand ausziehen muss. Bei diesem Projekt, bei dem auch die Innenbereiche vollkommen neu gestaltet wurden, zogen die Leute während des Umbaus in die jeweils andere Haushälfte um.

Die Module enthalten eine Dämmung – hier Mineralwolle, ein noch nachhaltigeres Material war aus Kostengründen nicht möglich –, die neuen Fenster Jalousien sowie Solarmodule. Die Haustechnik wurde in Schächte an die Außenwand des Hauses verlegt, was die Wartung vereinfacht und günstiger macht. 140 Quadratmeter südseitige Sonnenkollektoren liefern Warmwasser und Heizwärme, eine Fotovoltaikanlage auf dem Dach Strom.

Das Haus wurde letzte Woche offiziell an seine Bewohner übergeben. In den nächsten eineinhalb Jahren wertet Höfler aus, ob der Umbau energetisch so erfolgreich ist wie berechnet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 09.08.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:

Mehr erfahren

Wissenschaft

Ganzheitliche Betrachtung: "Gebäude sind keine autarken Einheiten"

Bauphysiker Ulrich Pont von der TU Wien regt langfristige Konzepte für Sanierungen an.
Wissenschaft

Gründerzeithaus: Hochwertiges Sanieren ist auch im Altbau möglich

Ein Gründerzeithaus im 14. Bezirk in Wien wurde als Demonstrationsprojekt nach allen Regeln der derzeitigen Baukunst umfassend saniert. Das zweijährige begleitende Monitoring nach der Fertigstellung zeigt: mit Erfolg.

Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.