Wer musiziert, kann besser lesen und schreiben

Kinder. Regelmäßiger Musikunterricht wirkt sich positiv auf das Gehirn aus, das haben Wissenschaftler der Uni Graz herausgefunden. Die Gehirnhälften von musikalisch geübten Kindern arbeiten besser synchron.

Was sich viele Eltern schon lange erhoffen, konnten Wissenschaftler der Uni Graz nun belegen. Bei Kindern, die schon im Volksschulalter regelmäßig musizieren – etwa in einer Musikschule –, steigern sich auch die „außermusikalischen Fähigkeiten“: Sie sind besser beim Zuhören, Lesen und Schreiben.

Der Ausgangspunkt der Grazer Wissenschaftler, die gemeinsam mit Kollegen der Uni Heidelberg forschten: Die Aufmerksamkeitsstörung ADHS, Lese-Rechtschreib-Schwäche und auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen treten bei Kindern häufig gemeinsam auf. Der Grund: Bei diesen Kindern reagieren Teile der beiden Gehirnhälften asynchron. Und eben diese Asynchronität wird durch regelmäßiges Musizieren geringer, so das Ergebnis der Forschergruppe, die aus Psychologen, Neurowissenschaftlern und Musikologen besteht. Publiziert haben sie ihre Ergebnisse nun in der aktuellen Ausgabe des „Journals of Neuroscience“.

Hyperaktivität kontrollieren

Für ihre sogenannte AMseL-Studie („Audio- und Neuroplastizität des musikalischen Lernens“) untersuchten die Wissenschaftler rund 150 Schüler mit und ohne Instrumentalunterricht mehrere Jahre lang mit psychoakustischen Messungen, mit psychologischen Tests und Kreativitätstests sowie mit Kernspintomografie und Magnetenzephalografie. Dabei zeigte sich, dass Kinder, die ein Instrument lernen, beim Zuhören, Lesen und Rechtschreiben Vorteile haben und Hyperaktivität und Impulsivität besser kontrollieren können. Darüber hinaus zeigte sich eine verbesserte Hörfähigkeit im Bezug auf Klangspektrum, Tonhöhe, Rhythmus und Tonlänge sowie neuroanatomische und funktionelle Besonderheiten der für Sprache und Musik besonders wichtigen Hörarealen des Gehirns.

Im Laufe der Untersuchung stellte das Forscherteam fest, dass die rechte und linke Hörrinde (Hörkortex) bei musikalisch geübten Kindern praktisch synchron auf auditorische Reize reagierten. Bei untrainierten Kindern reagierten sie minimal zeitverschoben. Bei Kindern mit ADHS hingegen konnte eine markante Zeitverschiebung festgestellt werden. Eine musikalische Ausbildung, so die Schlussfolgerung, könne daher für Kinder mit ADHS und Lese-Rechtschreib-Schwäche therapeutische Wirkung haben. (APA/red.)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.08.2014)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.