Wie Wölfe das Kuschen lernten

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Symbolbild(c) REUTERS (ILYA NAYMUSHIN)
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Im Zuge der Domestizierung kam den Tieren die Kooperation abhanden. Sie reihten sich in Hierarchien ein, als sie Hunde wurden.

Die Domestizierung des Wolfs stellt man sich gern so vor, dass die Menschen im Zuge der Zuchtwahl nicht nur auf Zahmheit und Zutraulichkeit setzten, sondern vor allem auch auf die Fähigkeit und Bereitschaft zur Kooperation. Aber das gerade Gegenteil ist wahr, Friederike Range und Zsófia Virány (Vet-Med Wien) haben es im Wolf Science Center in Ernstbrunn erkundet, an Wölfen und Hunden, die von den Forscherinnen großgezogen wurden, also an Menschen gewöhnt sind. Von ihnen bekommen sie auch das Futter, wenn sie längst schon in Rudeln mit zwei bis sechs Individuen leben.

Im bisher letzten Experiment wurden ein ranghohes und ein rangniederes Tier zusammengebracht, Futter gab es auch: Bei den Hunden griff das ranghohe Tier zu, das rangniedere traute sich nicht einmal in die Nähe: „Das höherrangige Tier monopolisierte das Fressen“, berichtete Range bei einem Treffen der Animal Behavior Society an der Princeton University: „Aber bei den Wölfen hatten hoch- und niederrangige Zugang, es gab höchstens leichte Aggressionen seitens der höherrangigen“ (Sciencenow, 19.8.).

Diese Bereitschaft der Kooperation kam den domestizierten Wölfen abhanden, sie haben stattdessen gelernt, in strengen Hierarchien zu leben, an deren Spitze ein Mensch steht. „Es geht nicht darum, dass beide das gleiche Ziel haben“, erklärt Range, „es geht darum, dass Hunde konfliktfrei mit uns leben können. Wir sagen ihnen etwas, sie gehorchen.“

Unwort für Hundetrainer: „Dominanz“

„Das ist eine großartige Arbeit“, lobt James Serpell, Ethologe an der University of Pennsylvania: „Aber der Befund ist keiner, den die Hundetrainer gern hören: Man darf ihnen gegenüber das Wort ,Dominanz‘ nicht erwähnen.“ Noch schlimmer wäre es nur, an der Intelligenz der besten Freunde zu zweifeln. Aber bei dem Treffen hat auch Monique Udell vorgetragen, sie hat Wölfen und Hunden – Letztere unterteilt in junge und ausgewachsene – Futter angeboten, das in verschlossenen, aber leicht zu öffnenden Containern war. Von zehn ausgewachsenen Hunden schaffte es keiner, die meisten versuchten es erst gar nicht, von zehn Wölfen waren acht innerhalb von zwei Minuten erfolgreich.

Auch die jungen Hunde schafften es, sie reihen sich erst später in die Befehl/Gehorsam-Kette ein. Aber dann richtig: Als Udell die ausgewachsenen Hunde anwies, die Container zu öffnen, taten sie es. (jl)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.08.2014)

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